Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Auszug - Widerspruch des Landrates gegen den Beschluss des Kreistages zur Vorlage Nr. 2018/68/0646-1 - Grundsatzbeschluss zur 1. Änderung des Förderschulkonzeptes - Südbereich  

 
 
25. ordentliche Sitzung des Kreistages des Landkreises Börde
TOP: Ö 6.1 Beschluss:2019/BLR/0679
Gremium: 6. WP Kreistag Landkreis Börde Beschlussart: abgelehnt
Datum: Mi, 17.04.2019 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:02 - 18:50
Raum: - Sitzungssaal Börde I + II -
Ort: Landkreis Börde, Verwaltungsgebäude, Bornsche Straße 2, 39340 Haldensleben
2019/BLR/0679 Widerspruch des Landrates gegen den Beschluss des Kreistages zur Vorlage Nr. 2018/68/0646-1 - Grundsatzbeschluss zur 1. Änderung des Förderschulkonzeptes - Südbereich
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Einreicher:Stichnoth, Martin Landrat
Hecht Amtsleiterin Bildung
Arnold Amtsleiterin Gebäudemanagement
Federführend:Büro Landrat Bearbeiter/-in: Watzka, Lisa-Marie

Der Landrat erläutert, dass der Kreistag die Vorlage 2018/68/0646-1 und damit die Errichtung eines Förderschulcampus für geistig behinderte und lernbehinderte Schüler am Standort Klein Oschersleben auf der Sitzung des Kreistages am 27.02.2019 ablehnte. Er halte diesen Beschluss für nachteilig. Der Landrat kann Beschlüssen des Kreistages widersprechen, wenn er sie für nachteilig hält. Bereits 2015 wurde der Kreistag darüber informiert, dass ein Konzept zur Errichtung eines Förderschulcampus am Standort Oschersleben aufgestellt werden soll. An diesem Konzept wurde in den letzten Jahren mit Beteiligung von Fachleuten, wie dem Landesbehindertenbeauftragten, dem Kreiselternrat oder dem schulfachlichen Referenten vom Landesschulamt, gearbeitet. Auch die Schulleiter wurden beteiligt. Die Nachteiligkeit des Beschlusses sei nicht darin zu sehen, dass an zwei Orten unterrichtet wird. Es spreche jedoch auch nichts dagegen, den Unterricht an einem Ort mit neuen, modernen und behindertengerechten Räumen zu verlagern. Die hier zur Verfügung stehenden Fördermittel sollen gebündelt an einem Standort eingesetzt werden. Bei der Beibehaltung mehrerer Standorte fallen auch entsprechend höhere Kosten an, die die kreisangehörigen Gemeinden dann mittragen müssen. Die finanziellen Auswirkungen spielten daher auch eine Rolle zur Widerspruchsentscheidung. Die Weiterführung des pädagogischen Konzeptes ist dabei natürlich nicht in den Hintergrund zu stellen. Keiner der beteiligten Fachleute sieht das pädagogische Konzept durch den Campusneubau gefährdet.

 

Frau Tiedge (DIE LINKE) betont, dass der Landkreis nicht an den Schulen sparen sollte. An den 3 bestehenden Förderschulen wird bereits jetzt ausgezeichnete Arbeit geleistet. Es bestehe auch an diesen Schulen Investitionsbedarf, der jedoch schon seit Jahren bekannt ist. Einige Investitionen wurden bereits getätigt. In der Schule in Wefensleben wurde beispielsweise eine neue Küche für ca. 50.000 EUR eingebaut, zudem wurden neue Waschräume errichtet. Diese Investitionen würden bei der Schließung der Schule verfallen. Auch wurde 2015 kein Beschluss zur Errichtung eines Förderschulcampus gefasst. Es wurde lediglich über den aktuellen Stand und die Entwicklungsfähigkeit der Förderschulen informiert. Favorisiert wurde damals eine Zentralisierung der Schulen in Oschersleben und nicht in Klein Oschersleben. Zudem dürfe der allgemein bestehende Lehrermangel nicht als Argument für eine Zentralisierung der Schulen genutzt werden.

 

Frau Wolf (DIE LINKE) verlässt um 17:09 Uhr den Sitzungssaal.

Damit 46 Kreistagsmitglieder anwesend.

 

Herr Zahn (SPD) stimmt Frau Tiedge zu. Im Jahr 2015 wurde kein Beschluss gefasst. Es erging lediglich ein Handlungsauftrag an die Verwaltung. Daraufhin gab es erst im Jahr 2018 wieder eine entsprechende Vorlage. Man müsse hier von Beginn an, unter Einbeziehung aller Beteiligten, insbesondere der Elternvertreter, neu planen. Die Zusammenführung von lernbehinderten und geistig behinderten Schülern sollte dabei unbedingt vermieden werden. Die Schüler hätten Angst voreinander.

 

Herr Schmette (CDU) erklärt, dass bei Ablehnung des Widerspruches ein Stillstand an den Schulen eintreten wird. Die Fördermittel werden dann anderweitig eingesetzt und für die Kinder an den Förderschulen wird an ihren bestehenden Schulen dadurch keine Besserung eintreten. Besonders positiv sind auch die Stellungnahmen des Kreiselternrates, des Kreisschülerrates, des Landesbehindertenbeauftragten und des Landesschulamtes zu betrachten, welche der Vorlage beigefügt wurden. Hier liegen sachliche Begründungen vor, die den Bau des Förderschulcampus befürworten.

 

Herr Schmette beantragt Rederecht für Herrn Maerevoet als Landesbehindertenbeauftragten und Herrn Häberer als schulfachlichen Referenten des Landesschulamtes.

 

Herr Czernitzki (DIE LINKE) beantragt im gleichen Zuge das Rederecht für die betroffenen Eltern.

 

Herr Dr. Isensee fasst die zwei Anträge zu einem Antrag zusammen und stellt den Antrag zum Rederecht für den Landesbehindertenbeauftragten, den schulfachlichen Referenten und die betroffenen Eltern zur Abstimmung.

 

Der Kreistag stimmt über den Antrag wie folgt ab:

 

Zustimmungen:32

Gegenstimmen:10

Enthaltungen:vier

 

Der Antrag ist damit angenommen.

 

Herr Häberer (schulfachlicher Referent des Landesschulamtes für Grund- und Förderschulen) erläutert, dass er aus schulfachlicher Sicht nicht erkennen kann, dass die lobenswerte Arbeit der Lehrkräfte nicht auch an einem anderen Standort ausgeführt werden kann. Der Neubau würde die modernen Anforderungen an eine Förderschule berücksichtigen. Die beiden bestehenden Förderschulen in Wefensleben und Hamersleben können nicht ebenerdig betrieben werden. Dadurch entsteht ein brandschutztechnisch großes Problem, welches auch die beiden Schulleiterinnen der Schulen erkannt haben. Kinder, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, können die Fluchtwege in den oberen Etagen nicht allein nutzen. Ein Fahrstuhl würde hier ebenfalls keine Verbesserung bewirken, da die Benutzung im Brandfall untersagt ist. Zudem sei es sehr schwer nachzuvollziehen, wie Kinder mit einer Behinderung vor Kindern mit einer anderen Behinderung Angst haben können, wenn sie diese Kinder gar nicht kennen. Eine Inklusion sollte besonders an den Förderschulen genutzt werden. Mauern oder Zäune zwischen den Schülern zu errichten wäre dabei nicht zielführend. Zum Thema Lehrermangel erklärt Herr Häberer, dass mit der Unterrichtung an einem Förderschulcampus keine Lehrstunde gespart wird. Der Unterricht kann jedoch effizienter gestaltet werden, da Ausfälle besser ausgeglichen werden können.

 

Herr Maerevoet (Landesbehindertenbeauftragter) spricht die sehr guten pädagogischen Konzepte der Schulen an. Er sieht jedoch die Barrierefreiheit und den Brandschutz sehr kritisch. Die Feuerwehren des Landkreises können Menschen mit Behinderung in einem solchen Umfang nicht aus dem Gebäude retten. Die meisten besichtigten Räume sind nicht barrierefrei, wodurch ein Großteil der Schüler eingeschränkt ist. Hier wäre ein Neubau erforderlich. Er plädiert für den Campusneubau.

 

Herr Kraul (CDU) verlässt um 17:30 Uhr den Sitzungssaal.

Damit sind 45 Kreistagsmitglieder anwesend.

 

Als Elternvertreter treten Herr Griegert und Frau Wurzer ans Pult. Die Eltern sorgen sich insbesondere um die Zusammenlegung der geistig behinderten Schüler und der lernbehinderten Schüler. Kinder könnten sehr grausam zueinander sein. In solchen Fällen können die geistig behinderten Kinder stark in ihrer Entwicklung zurückfallen. Herr Griegert macht deutlich, dass sich hier nicht grundsätzlich gegen einen Förderschulcampus ausgesprochen wird. Lediglich ein Campus mit den gemischten Formen der Behinderungen ist nicht gewünscht. Zudem sollten kleine Klassen beibehalten werden.

 

Frau Blenkle (UWG) äußert, dass sie es unfair findet, wie man hier mit Gutachten bombadiert wurde . Die finanzielle Seite dürfe hier nicht im Vordergrund stehen.

 

Frau Schünemann (CDU) erläutert einige Beispiele aus ihrer langjährigen Erfahrung als Lehrerin. Sie betont, dass manchmal neue Wege eingeschlagen werden müssten. Hierbei sollte jedoch immer das Wohl des Kinder an erster Stelle Berücksichtigung finden.

 

Herr Keindorff (FDP) kritisiert, dass die Verwaltung keinen ausführlichen Variantenvergleich erstellt habe. Die gesamten finanziellen Auswirkungen sind nicht klar ersichtlich. Wird der Widerspruch heute abgelehnt, würden die Fördergelder an das Gymnasium in Weferlingen fließen. Die Räume dort sind auch stark sanierungsbedürftig. Die Fördermittel werden also nicht verschwendet.

 

Herr Schubert (CDU) betont, dass es eine zentrale Lösung im Südbereich des Kreises geben sollte. Auch von Klein Oschersleben aus könnten die Kinder viele Möglichkeiten in Oschersleben nutzen, die ihnen in Hamersleben und Wefensleben aktuell nicht zur Verfügung stehen.

 

Herr Zahn und Frau Tiedge plädieren noch einmal gegen den Förderschulcampus.

 

Herr M. Schindler (SPD) erläutert die Wichtigkeit der Einbeziehung der Eltern der betroffenen Kinder. Man dürfe ohne sie keine so weitreichenden Entscheidungen treffen.

 

Herr Czernitzki, Herr Senkel (DIE GRÜNEN/PIRATEN), Herr Hüttemann (SPD) und Herr Schwenke (CDU) greifen die Argumente aller Vorredner noch einmal auf.


 

Beschluss:

 

Der Kreistag stimmte dem Widerspruch des Landrates gegen den Beschluss des Kreistages des Landkreises Börde in der Sitzung am 27.02.2019 nicht zu.

 

Infolgedessen lehnte der Kreistag die Vorlage 2018/68/0646-1 und damit die erste Fortschreibung des Förderschulkonzeptes des Landkreises Börde mit dem Schwerpunkt Südbereich erneut ab. Der Kreistag favorisiert nicht die im Konzept betrachtete Variante zur Schaffung einer Campuslösung für die Förderschule für Lernbehinderte (LB) und für die Förderschulen für geistig Behinderte (GB) mit gegenseitig abgegrenzten Schulgebäuden. Der Kreistag beauftragte die Verwaltung nicht mit der Planung und Umsetzung der Campuslösung mit einem Neubau für den Bereich GB wie auch dem Umbau/der Erweiterung für den Bereich LB am Standort in Klein Oschersleben.

 


Abstimmungsergebnis:

 

Zustimmungen:16

Ablehnungen:26

Enthaltungen:drei

 

Die Vorlage wurde zum Beschluss Nr. 2019/BLR/0679 erhoben.