Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Vorlage - DII/427/2007  

 
 
Betreff: Bürgerbegehren Ohrekreis-Klinikum
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Einreicher:Herzig
Bredthauer
Federführend:Dezernat II Bearbeiter/-in: Brummunt, Erdmute
Beratungsfolge:
4. WP Kreisausschuss LK Ohrekreis Vorberatung
30.05.2007 
28. ordentliche Sitzung des Kreisausschusses ungeändert beschlossen   
4. WP Kreistag Ohrekreis Entscheidung
06.06.2007 
16. ordentliche Sitzung des Kreistages Ohrekreis ungeändert beschlossen  (DII/247/2007)

Der Kreistag stellt die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 26

 

Der Kreistag stellt die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 26.02.2007 fest.

Sachdarstellung, Begründung:

Sachdarstellung, Begründung:

 

 

Am 26. Februar 2007 wurde von Vertretern der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" der Antrag  zur Durchführung eines Bürgerentscheids eingereicht (Anlage 1).

Nach den Angaben der Vertreter der Bürgerinitiative wurden 10617 Unterschriften auf 1093 Listen übergeben.

 

Vor Durchführung des Bürgerentscheids hat der Kreistag die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen.

 

Die Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erfolgt auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen der §§ 18 und 19 der Landkreisordnung des Landes Sachsen-Anhalt  - LKO LSA - (Anlage 2).

 

1.

 

Nach § 18 Abs. 1 S. 1 LKO LSA muss ein Bürgerbegehren eine wichtige Kreisangelegenheit i. S. d. § 19 Abs. 2 LKO LSA betreffen. Als wichtige Kreisangelegenheit kommt hier

 

-                die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die den Einwohnern zu dienen bestimmt ist (§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LKO LSA)

oder

-                eine andere, in ihrer Bedeutung entsprechende Angelegenheit des Landkreises (§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 LKO LSA)

 

in Betracht.

 

Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach seiner Fragestellung und der dazu gegebenen Begründung der Verbleib des Ohrekreis-Klinikums in der alleinigen Trägerschaft des Landkreises Ohrekreis bzw. seines Rechtsnachfolgers an den Standorten Wolmirstedt und Haldensleben. Das Bürgerbegehren ist also außer auf den Erhalt der Krankenhausstandorte Wolmirstedt und Haldensleben auf die Verhinderung eines Trägerwechsels für das Ohrekreis-Klinikum gerichtet.

 

Dieser Gegenstand ist keine wichtige Kreisangelegenheit i. S. d. § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1,

3. Alternative LKO LSA (Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung). Zwar ist das Ohrekreis-Klinikum, wie sich aus § 1 Abs. 1 des Krankenhausgesetzes Sachsen-Anhalt (KHG LSA - Anlage 3) ergibt, eine öffentliche Einrichtung des Landkreises. Seine Übertragung auf einen anderen, auch auf einen privaten Träger hat jedoch nicht zur Folge, dass es als öffentliche Einrichtung, die den Einwohnern des Landkreises zu dienen bestimmt ist, aufgehoben wird. Für das Ohrekreis-Klinikum gilt wie für alle anderen öffentlichen Einrichtungen auch, dass es seinen Charakter als öffentliche Einrichtung nicht verliert, wenn es in einer privatrechtlichen Organisationsform betrieben wird. Auch in einer privaten Rechtsform dient das Ohrekreis-Klinikum weiterhin dem Zweck, die Krankenhausversorgung der Bevölkerung als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen sicherzustellen (s. § 1 Abs. 1 S. 1 KHG LSA). Dies ergibt sich mittelbar auch aus § 1 Abs. 1 S. 2 KHG LSA, der den Landkreis verpflichtet, die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten und insbesondere gemeinnützigen und privaten Krankenhausträgern ausreichend Raum zu geben.

 

Der Wechsel der Trägerschaft des Ohrekreis-Klinikums auf einen privaten Träger ist auch keine andere Angelegenheit, die der Bedeutung einer Errichtung, wesentlichen Erweiterung und Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung entspricht (§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 LKO LSA). Die vorgenannte Bestimmung ist eine Auffangnorm für andere, gesetzlich in den Nrn. 1 und 2 des § 19 Abs. 2 S. 1 LKO LSA nicht festgelegte wichtige kreisliche Angelegenheiten. Ob eine Angelegenheit in diesem Sinne "wichtig" ist, lässt sich am Maßstab der im Gesetz - hier speziell in § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LKO LSA - konkret genannten Angelegenheiten ermitteln.

Dabei ist festzustellen, dass der Gesetzgeber mit den Tatbeständen der Errichtung, wesentlichen Erweiterung und Aufhebung in Bezug auf öffentliche Einrichtungen solchen Angelegenheiten das Prädikat "wichtig" zuerkannt hat, die die (vollständige oder teilweise) Schaffung oder Schließung der Einrichtungen betreffen.

"Wichtig" sind danach, schlagwortartig zusammengefasst, Entscheidungen über die Existenz oder Nicht-Existenz öffentlicher Einrichtungen. Das OVG LSA spricht in diesem Zusammenhang von "Grundentscheidungen" über die Einrichtung selbst (Beschl. vom 7. Mai 1999 - A 2 S 236/99 - Anlage 4).  Angelegenheiten, die "nur" den Betrieb einschließlich der Rechtsform des Betriebes öffentlicher Einrichtungen betreffen, sind damit nach der Wertung des Gesetzgebers nicht wichtig i. S. d. § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LKO LSA und können folglich in ihrer Bedeutung auch nicht solchen wichtigen Angelegenheiten entsprechen. Bei der Privatisierung des Ohrekreis-Klinikums geht es aber gerade und ausschließlich um die Rechtsform des Betriebes. Fragen der Existenz oder Nicht-Existenz der Einrichtung als solcher stellen sich nicht.

 

Es muss also davon ausgegangen werden, dass das Bürgerbegehren keine wichtige Kreisangelegenheit i. S. d. § 19 Abs. 2 LKO LSA zum Gegenstand hat und damit schon aus diesem Grund unzulässig ist. Gleichwohl soll nachfolgend vorsorglich auch zu den übrigen - formellen - Voraussetzungen für die Zulässigkeit des eingereichten Bürgerbegehrens Stellung genommen werden.

 

2.  

     

Gemäß § 18 Abs. 1 LKO LSA kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist.

 

Mit Übergabe des Antrages der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" am 26. Februar 2007 hat die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragt. Die Angelegenheit ist in den letzten drei Jahren nicht bereits Gegenstand eines Bürgerentscheids auf Grund eines Bürgerbegehrens gewesen.

 

3.

 

Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens richtet sich im Einzelnen nach § 18 Abs. 2 bis 4 LKO LSA. Die dort genannten Voraussetzungen bestimmen insgesamt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Ist nur eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, so ist das Bürgerbegehren unzulässig. Bei der Feststellung der Zulässigkeitsvoraussetzungen kommt es auf den Zeitpunkt der Einreichung des Bürgerbegehrens an (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 17. Dezember 2004 - 10 LA 84/04 - Anlage 5).

 

Gemäß § 18 Abs. 2 und 3 LKO LSA muss das Bürgerbegehren:

 

a.                  - schriftlich eingereicht werden

 

b.                  - bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichner zu

             vertreten

 

c.                  - eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Fragestellung, die zum Gegenstand

             des Bürgerentscheids gemacht werden soll, enthalten

 

d.                  - eine Begründung enthalten

 

e.                  - einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für

             die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten

 

f.                    - in Landkreisen mit über 100.000 Einwohnern von mindestens 10.000

             wahlberechtigten Bürgern unterzeichnet sein

 

g.                  - wenn es sich gegen einen Beschluss des Kreistages richtet innerhalb von

             sechs Wochen nach ortsüblicher Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht 

             sein

 

 

zu a.    Die von den Vertretern der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" am 26. Februar 2007 übergebenen Unterschriftslisten enthalten die Formulierung: "Betr. Bürgerentscheid zu OK-Klinikum".

 

Es ist davon auszugehen, dass damit die in § 18 Abs. 2 Satz 1 LKO LSA getroffene Regelung auf schriftliches Einreichen des Bürgerbegehrens erfüllt ist.

 

 

zu b.    Am oberen rechten Rand der Vorderseite der Unterschriftenlisten sind drei Personen namentlich mit einer angegebenen Adresse als Sprecher der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" benannt.

Am unteren Rand dieser Unterschriftsleiste wiederholt sich die Wiedergabe der drei Namen.

Angesichts der Namensanordnung auf den Unterschriftsleisten und der Bezeichnung "Sprecher" wird abgeleitet, dass die drei benannten Personen berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten.

Damit wird die in § 18 Abs. 2 Satz 2 LKO LSA geforderte Voraussetzung als erfüllt angenommen.           

 

 

zu c.    Die auf den Unterschriftslisten formulierte Fragestellung lautet: "Sind sie dafür, dass das

OK-Klinikum in alleiniger Trägerschaft des Landkreises Ohrekreis bzw. dessen

Rechtsnachfolger bleibt?" Rechts neben der Fragestellung befinden sich alternative

Beantwortungsmöglichkeiten zwischen Ja und Nein.

 

Mit der in § 18 Abs. 1 Satz 1 LKO LSA gewählten Formulierung: "Über eine wichtige Kreisangelegenheit kann die Bürgschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren)", hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass den Bürgern im Wege des Bürgerbegehrens und des nachfolgenden Bürgerentscheids die Befugnis zur eigenständigen Sachentscheidung überantwortet werden soll.

Mit der intendierten Meinungsäußerung der Bürgerschaft an kommunalen Entscheidungen ist mithin nicht nur eine mehr oder weniger unverbindliche Meinungsäußerung oder die Kundgabe der Unterstützung bestimmter Anliegen gemeint. Der Bürgerentscheid trifft eine abschließende Entscheidung über eine bestimmte Sachfrage und steht im Erfolgsfall in seiner Wirkung einem entsprechenden Kreistagsbeschluss gleich (§ 19 Abs. 4 Satz 1 LKO LSA). Dies schließt für das Bürgerbegehren eine Fragestellung aus, die sich nicht auf eine Entscheidung in der Sache, sondern auf eine lediglich resolutionsartige Unterstützung oder Ablehnung eines bestimmten Anliegens richtet. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kreistag im Rahmen seiner Zuständigkeit in einem von ihm zu treffenden Beschluss darauf beschränken darf, allgemeine Ziele und Absichten zu formulieren, ohne stets eine Entscheidung in der Sache zu treffen, denn § 33 Abs. 2 GKO LSA überantwortet dem Kreistag die Allzuständigkeit für grundsätzlich alle Angelegenheiten des Landkreises. Dies beinhaltet die Befugnis zu umfassender Beschlussfassung. Im Unterschied hierzu knüpft die in § 18 Abs. 1 LKO gewählte gesetzliche Formulierung an eine konkrete durch die Bürgschaft zu treffende Sachentscheidung an (OVG LSA Beschluss vom 27. Oktober 2003 - 2 L 323/00 - Anlage 6).

 

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens der Bürgerinitiative Pro-OK-Klinikum: "Sind Sie dafür, dass das OK-Klinikum in alleiniger Trägerschaft des Landkreises Ohrekreis bzw. dessen Rechtsnachfolger bleibt?", lässt einen solchen Bezug zu einer konkreten Sachentscheidung vermissen. Sie beschränkt sich vielmehr auf die bloße Abfrage einer persönlichen Meinung der Bürger und die Aufforderung, diese durch Ankreuzen einer der vorgegebenen Antwortalternativen "Ja" und "Nein" kundzutun. Es wird nicht deutlich, was die konkrete Folge eines erfolgreichen Bürgerentscheids wäre.

Verstärkt wird dieser Eindruck durch die im Antrag ebenfalls enthaltene Formulierung: "Unser Begehren beinhaltet nur einen politischen und rechtlichen Rahmen, den der Landkreis (im Sinne des Gemeinwohls) nicht verlassen sollte." Ein Bürgerbegehren kann zulässigerweise nur darauf gerichtet sein, eine Entscheidung der Bürger anstelle des Kreistages herbeizuführen. Ziel eines Bürgerbegehrens kann es daher nicht sein, dem Rat lediglich Vorgaben für eine von ihm zu treffende Entscheidung zu machen (OVG NRW, Urteil vom 09. Dezember 1997 - 15 A 974/97 - Anlage 7).

Der Gegenstand der Entscheidung muss sich stets unzweideutig an dem Text des Bürgerbegehrens ergeben. Denn dieser ist Grundlage sowohl der Entscheidung des einzelnen Bürgers für oder gegen das Bürgerbegehren als auch der des Kreistages über die Zulässigkeit des Begehrens. Lässt der Text - wie vorliegend - eine auf eine konkrete Sachentscheidung gerichtete Fragestellung nicht erkennen, ist das Bürgerbegehren unzulässig (OVG NRW, Urteil vom 23. April 2002 - 15 A 5594/00 - Anlage 8).

 

 

zu d.    Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 4 zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Diese Funktion erfüllt die Begründung nur, wenn die dargestellten Tatsachen, soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind, zutreffen.

Im Bürgerbegehren ist formuliert:

"Die Bürgerinitiative ist der Auffassung, dass die Grundversorgung an den Standorten Wolmirstedt und Haldensleben in öffentlich rechtlicher Trägerschaft erhalten werden muss."

Weiterhin findet sich die Formulierung: "Auch gibt es derzeit noch keinen Beschluss des Kreistages, der unserem Begehren entgegensteht".

In seinem Urteil vom 23. April 2002 (Anlage 8) führt das OVG NRW aus,  " .... dass die Begründung auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben und damit auch Wertungen, Schlussfolgerungen oder Erwartungen zum Ausdruck bringen kann, die einer Wahrheitskontrolle nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Auch mag die Begründung eines Bürgerbegehrens im Einzelfall Überziehungen oder Unrichtigkeiten in Details enthalten dürfen, die zu bewerten und zu gewichten, Sache des Unterzeichners bleibt.

 

Diese aus dem Zweck des Bürgerbegehrens folgenden Grenzen der Überprüfbarkeit sind jedoch überschritten, wenn Tatsachen unrichtig wiedergegeben waren, die für die Begründung tragend sind. Hier kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde lag. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen. Auf den Grund der unrichtigen Sachdarstellung kommt es deshalb nicht an...".

 

Die vorliegende Begründung des Bürgerbegehrens ist in wesentlichen Sachverhalten unrichtig bzw. bildet keine eindeutige Grundlage für die Entscheidung des einzelnen Bürgers für oder gegen das Bürgerbegehren.

 

Der Kreistag des Landkreises Ohrekreis hat am 20. Dezember 2006 mit dem Beschluss Vorlagen Nr. DII/356/2000 dem Trägerwechsel für das Ohrekreis-Klinikum zugestimmt. Der dem Trägerwechsel zugrunde liegende Vertrag ist mit Datum vom  13.03.2007  wirksam geworden. Damit ist die Trägerschaft für das Ohrekreis-Klinikum an die Sana Ohre-Klinikum GmbH übergegangen.

Insofern entspricht die Formulierung im Text des Bürgerbegehrens, dass es noch keinen Beschluss des Kreistages gibt, der dem Bürgerbegehren entgegensteht, nicht den Tatsachen.

Auch könnte die Begründung die Schlussfolgerung zulassen, dass bei Beibehaltung der alleinigen Trägerschaft des Landkreises für das Ohrekreis-Klinikum die Grundversorgung an beiden Krankenhausstandorten in Haldensleben und Wolmirstedt aufrecht erhalten werden kann.

Der Kreistag des Landkreises Ohrekreis hat jedoch bereits am 26. September 2001 mit Beschluss Vorlagen Nr. EB-OKK/316/2001 die Konzentration der akutstationären Versorgung am Krankenhausstandort Haldensleben nach Fertigstellung der notwendigen Baumaßnahmen beschlossen.

Der vom Ministerium für Gesundheit und Soziales mit Datum vom 29. Januar 2003 ausgereichte Bewilligungsbescheid für die Einzelfördermaßnahme "Behandlungs- und Funktionstrakt, 2. BA", am Standort Haldensleben über eine Zuwendung in Höhe von 33.357.000 Euro wurde mit der Maßgabe versehen, dass mit Fertigstellung der Baumaßnahme der Standort Wolmirstedt aufzulassen sei. Bei Nichteinhaltung dieser Maßgabe ist die Erstattung der Fördermittel vorgesehen.

Da die Begründung des Bürgerbegehrens teilweise unrichtig ist bzw. Tatsachen, die für die Entscheidung des Bürgers wesentlich sind, unvollständig dargestellt werden, ist das Bürgerbegehren auch hinsichtlich dieser Voraussetzung unzulässig (vgl. OVG NRW Urteil vom 23. April 2002 - Anlage 8).

 

Das Bürgerbegehren ist auch deshalb unzulässig, weil zwischenzeitlich die Wirksamkeit des Vertrages mit der Sana Ohre-Klinikum GmbH über den Trägerwechsel (Verkauf) eingetreten ist und damit die im Rahmen des Bürgerentscheids zu erteilende Antwort auf die gestellte Frage keine Entscheidung mehr enthält. Das Bürgerbegehren ist gegenstandlos (vgl. OVG NRW,  Beschluss vom 19. März 2004 - 15 B 522/04 - Anlage 9).

 

 

zu e.    Das Bürgerbegehren muss einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten.

 

            Dem Kostendeckungsvorschlag kommt erhebliche Bedeutung zu. Er soll sicherstellen,

dass die Bürger ihre Entscheidung in Kenntnis der finanziellen Folgen der begehrten

Maßnahme treffen können. Dies ist umso wichtiger, als letztlich die gesamte

Bürgerschaft von den finanziellen Auswirkungen eines erfolgreichen Bürgerbegehrens

bzw. Bürgerentscheides betroffen ist.

 

 Das Verwaltungsgericht Leipzig führt dazu in seinem Urteil vom 07. Februar 2000 - 6 K 1699/91 - (Anlage 10) Folgendes aus: "Die Kammer hält die Nennung des Kostendeckungsvorschlages auf den einzelnen Unterschriftenlisten für unverzichtbar. Der Bürger, der seine Unterschrift für ein Bürgerbegehren auf die Liste setzt, muss unmittelbar erkennen können, welche Konsequenzen sein Begehren hat. Der Kostendeckungsvorschlag bestimmt neben der Begründung des Bürgerbegehrens entscheidend die Motivation für die Leistung der Unterschrift."

 

 

Der Kostendeckungsvorschlag muss unmissverständlich formuliert sein, darf keine irreführenden Angaben enthalten und muss für die Bürger nachvollziehbar sein. Er besteht aus der Kostenprognose, in der alle durch die verlangte Maßnahme entstehenden Kosten zu beziffern sind, und dem Deckungsvorschlag, der unter Berücksichtigung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung eine gesetzeskonforme Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahme plausibel aufzeigen muss. Auf der Kostenseite sind die unmittelbar verursachten Kosten, die direkten Folgekosten sowie auch eventuelle indirekte Folgekosten, d. h. Kosten in anderen Bereichen als dem begehrten Vorhaben selbst, zu berücksichtigen.

 

Die Initiatoren und Unterzeichner des Bürgerbegehrens haben zum Ausdruck gebracht, durch ihren Antrag entstünden dem Landkreis keine Mehrkosten, da ihr Begehren keinen Neu-, Um- oder Ausbau von Kreiseigentum beinhalte. Dies ist so nicht zutreffend. Zwar ist es richtig, dass, wenn keine Neu-, Um- und Ausbauten vorgesehen sind, auch keine unmittelbaren Kosten für solche Investitionsmaßnahmen entstehen werden.

Unberücksichtigt bleiben dabei jedoch die direkten und gegebenenfalls auch die indirekten Folgekosten, die durch den Betrieb der öffentlichen Einrichtung "Ohrekreis-Klinikum" entstehen. Wenn der Landkreis, dem Ziel des Bürgerbegehrens entsprechend, das Ohrekreis-Klinikum in eigener Trägerschaft weiter betreibt, so entstehen selbstverständlich Betriebskosten, die nach den oben dargestellten Grundsätzen als Kostenprognose hätten dargestellt werden müssen. In entsprechender Weise hätte ein Deckungsvorschlag nachvollziehbar angeben müssen, wie die Kosten unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen auszugleichen wären. Dies ist nicht geschehen.

 

Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Landkreis, wie bereits oben unter d. ausgeführt, Fördermittel in Höhe von 33.357.000 € zurückzahlen müsste, wenn das Ohrekreis-Klinikum auch am Standort Wolmirstedt auf Dauer weiter betrieben würde. In der Begründung des Bürgerbegehrens werden diese erheblichen Kosten nicht einmal erwähnt, von einem gesetzeskonformen Deckungsvorschlag ganz zu schweigen.

 

Im Ergebnis muss somit festgestellt werden, dass das Bürgerbegehren auch deshalb unzulässig ist, weil es keinen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthält.

 

 

zu f.     Das Bürgerbegehren ist nur zulässig, wenn es von mindestens 10.000 wahlberechtigten Bürgern gemäß § 18 Abs. 3 LKO LSA unterzeichnet wurde. Nach Angaben der Vertreter der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" sind auf 1.093 Unterschriftslisten 10.617 Unterschriften übergeben worden.

 

Eine Überprüfung hat insoweit ergeben, dass die Einreicher des Bürgerbegehrens 1.039 Unterschriftenlisten mit, soweit erkennbar, insgesamt 10.894 Unterschriften vorgelegt haben. Die angegebene Zahl von 10.617 Unterschriften und damit die Differenz zur vorerwähnten Gesamtzahl aller Unterschriften erklärt sich dadurch, dass offensichtlich die Einreicher selbst von der Gesamtzahl der Unterschriften diejenigen in Abzug gebracht haben, die von Unterzeichnern mit einem Wohnsitz außerhalb des Landkreises stammen und deshalb ohne weitere Prüfung als nicht berücksichtigungsfähig angesehen werden müssen.

 

Der weitere Kontrollaufwand im Zusammenhang mit den Unterschriftslisten ist erheblich und ein nicht zu vernachlässigender Kostenfaktor. So ist zunächst zu prüfen, ob von den Unterzeichnern die erforderlichen Personalien vollständig und zutreffend angegeben wurden. Dazu gehört auch ein Abgleich mit den Beständen des Einwohnermeldeamtes um auszuschließen, dass sich hinter formal vollständigen Angaben keine Phantasieeintragungen verbergen. Sodann ist hinsichtlich jedes einzelnen Unterzeichners zu überprüfen, ob in seiner Person die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, die ihn zum abstimmungsberechtigten Bürger machen. Das setzt auch voraus, dass der Betreffende Deutscher im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines EG-Mitgliedsstaates besitzt, das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten seine Hauptwohnung im Landkreis unterhält  (§ 15 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 LKO LSA).

           

Da, wie bereits erwähnt, die zu prüfenden formellen Anforderungen an die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens kumulativ erfüllt sein müssen und deshalb ein Bürgerbegehren schon dann unzulässig ist, wenn es auch nur an einer Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt, kann angesichts der zahlreichen nicht erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen und unter Berücksichtigung des nicht unerheblichen Aufwandes und des damit verbundenen Kostenfaktors von einer Prüfung des Quorums der Unterschriften abgesehen werden.

 

Selbst wenn man unterstellt, dass die Kontrolle der Unterschriftslisten das Quorum von 10.000 wahlberechtigten Bürgern ergeben würde, bedeutet dies noch nicht von vornherein, dass sämtliche Unterschriften auch dem Bürgerbegehren zugerechnet werden können. Das Problem ergibt sich daraus, dass das Bürgerbegehren inhaltlich wohl gegen den Beschluss des Kreistages vom 20.12.2006, Vorlagen-Nr. DII/356/2000, gerichtet sein dürfte. Nimmt man dies an, so könnte die Auffassung vertreten werden, dass alle Unterschriften, die vor der Beschlussfassung am 20.12.2006 geleistet worden sind, nicht auf das Quorum angerechnet werden dürfen. Denn grundsätzlich ist die Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens, das sich gegen einen Kreistagsbeschluss richtet, erst nach der Abstimmung zulässig (s. Klang/Grundlach, Gemeindeordnung und Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl. 1999, § 25 Rdnr. 3).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt jedoch darin, dass hier ein Bürgerbegehren während der Unterschriftensammlung durch einen entgegenstehenden Kreistagsbeschluss gleichsam "überholt" worden ist. Für diesen Sonderfall wird die Auffassung vertreten, dass die in der Zeit vor dem Beschluss geleisteten Unterschriften mitzuzählen sind (Klang/Gundlach

a.a.O.). Diese Auffassung ist indes auch nicht zwingend, denn sie gibt keine inhaltliche Begründung dafür, dass der beschriebene Sonderfall einer Beschlussfassung bei bereits laufender Unterschriftensammlung trotz im übrigen gleicher Rahmenbedingungen anders als der Regelfall zu behandeln ist. Letztlich kann auch diese Frage vor dem Hintergrund der anderen nicht erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen offen bleiben.

 

zu g.    Falls das Bürgerbegehren gegen den o. g. Kreistagsbeschluss vom 20.12.2006 gerichtet ist, wäre bei seiner Einreichung am 26.02.2007 die Sechs-Wochen-Frist des § 18 Abs. 2 S. 5 LKO LSA eingehalten worden. Denn die ortsübliche Bekanntmachung des Beschlusses erfolgte am 24.01.2007 im Amtsblatt für den Landkreis Ohrekreis.