Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE
1. Der
Kreistag lehnt die von der Landesregierung geplanten Kürzungen im kommunalen
Finanzausgleich sowie eine kommunale Beteiligung an den Aufwendungen des Landes
für die überörtliche Sozialhilfe strikt ab. Die damit einhergehenden
Einnahmekürzungen und Ausgabesteigerungen können durch den Landkreis Ohrekreis
ab 2007 nicht ausgeglichen werden, zumal gleichzeitig die Kosten für Unterkunft
und Heizung nach SGB II erheblich steigen und Mehrbelastungen aus der Umsetzung
der Kreisgebietsreform entstehen. 2. Der
Kreistag hat daher erhebliche Zweifel an der verfassungsgemäßen
Finanzausstattung des Landkreises Ohrekreis nach Art. 88 Abs.1 der
Landesverfassung und beauftragt die Verwaltung, in enger Abstimmung mit dem
Landkreistag Sachsen-Anhalt die Erfolgsaussichten einer möglichen
Verfassungsbeschwerde des Landkreises Ohrekreis gegen das
Haushaltsstrukturgesetz 2007 zu prüfen. 3. Im
Falle einer positiven Bewertung der Erfolgsaussichten einer
Verfassungsbeschwerde wird der Landrat berechtigt, für den Landkreis Ohrekreis
im Einvernehmen mit dem Landkreistag Sachsen-Anhalt e.V. und anderen hierzu
bereiten Landkreisen gegen das Haushaltsstrukturgesetz 2007 in Gänze oder in
Teilen Verfassungsbeschwerde zu erheben. Der Landrat wird verpflichtet, den
Kreisausschuss und den Kreistag hierüber zu unterrichten. Sachdarstellung, Begründung: Der von der
Landesregierung beschlossene Entwurf eines Haushaltsstrukturgesetzes 2007
bewirkt erhebliche Einschnitte in die Finanzausstattung der Gemeinden und
Landkreise im Land Sachsen-Anhalt. Der Gesetzesentwurf enthält zahlreiche
Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes (FAG). Aus Sicht
der Landkreise sind folgende Regelungen bedeutsam: -
Absenkung
der Beteiligungsquote an der Finanzausgleichsmasse (§ 2 Abs. 2 FAG) von bisher
23,82126 v. H. auf 22,7 v. H.. Dies entspricht im
Jahr 2007 einer Kürzung von 63 Mio. € gegenüber der geltenden Rechtslage. -
Die
den Landkreisen und kreisfreien Städten zugewiesenen Mittel für die Aufnahme
von Personen nach § 1 Abs.1 Satz 1 des Aufnahmegesetzes (§ 4 Nr. 5 FAG) werden
auf einen Festbetrag von 35 Mio. € reduziert. Hieraus ergeben sich Mindereinnahmen
von rd. 21 Mio. €. -
Der
gemeindliche Familienleistungsausgleich (§ 14 FAG) wird ersatzlos gestrichen Hierdurch entstehen den Landkreisen
Mindereinnahmen von rd. 15 Mio. €. -
Die
Landkreise und kreisfreien Städte sollen sich mit 9,6 % an den jährlichen
Aufwendungen des Landes für die überörtliche Sozialhilfe beteiligen. Dies entspricht einer
Kostenbelastung von zunächst rd. 37 Mio. €. Nach der
geltenden Rechtslage könnte der Landkreis Ohrekreis wegen der ab 2007 stark
ansteigenden Steuereinnahmen des Landes mit Mehreinnahmen rechnen. Durch die
beabsichtigten FAG-Kürzungen werden diese Mehreinnahmen fast vollständig auf
das Niveau des Jahres 2006 abgeschöpft. Gleichzeitig
ergeben sich allerdings für alle Landkreise und kreisfreien Städte erhebliche
Mehrbelastungen bei den kommunalen Kosten für die Umsetzung des SGB II. Nach
Angaben des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit könnten diese Ausgaben in
2006 rd. 70 Mio. € über dem Wert des Vorjahres liegen. Für 2007 ist außerdem
noch völlig ungeklärt, ob und welcher Höhe sich der Bund weiterhin an den
Kosten der Kommunen beteiligt. Daneben
erfordert die termingerechte Umsetzung der Kreisgebietsreform zum 01. Juli 2007
Mehrausgaben, die seitens des Landes nicht gesondert ausgeglichen worden sind
und daher aus den allgemeinen Deckungsmitteln der Landkreise zu finanzieren
sind. Nach
derzeitigen Berechnungen der Kreisverwaltung führen die beabsichtigten
FAG-Änderungen für den Landkreis Ohrekreis zu einem Fehlbetrag in Höhe von
mindestens 1,85 Mio. €; hierbei sind fusionsbedingte Mehrausgaben noch nicht
berücksichtigt. - 3 - Die
vorgesehenen Einnahmekürzungen, Kostenverschiebungen und Mehrbelastungen können
vom Landkreis Ohrekreis nicht über Mehreinnahmen - insbesondere bei der
Kreisumlage - oder Minderausgaben bei anderen Haushaltsstellen ausgeglichen
werden. Die Folge ist deshalb ein weiterer Anstieg der bestehenden Fehlbeträge,
der kommunalaufsichtliche Maßnahmen nach sich zieht und zur Aushöhlung der
kreislichen Selbstverwaltung führt. Die
besondere Situation der Landkreise hat die Landesregierung in dem Entwurf ihres
Haushaltsstrukturgesetzes 2007 weitgehend unberücksichtigt gelassen, indem sie
sich nur einen ungenauen Überblick über den Finanzbedarf der einzelnen
kommunalen Gruppen verschafft hat. Damit genügt der Gesetzentwurf nicht den
verfassungsmäßigen Anforderungen, die der Thüringer Verfassungsgerichtshof in
seiner FAG-Entscheidung vom 21. Juni 2005 festgestellt hat und zu denen sich
die Koalitionsparteien noch in der Koalitionsvereinbarung für die fünfte
Legislaturperiode bekannt haben. Nach
Artikel 88 Abs.1 der Landesverfassung sorgt das Land dafür, dass die Kommunen
über Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlich sind. Angesichts der bestehenden schwierigen Finanzsituation des
Landkreises Ohrekreis und den sich abzeichnenden Entwicklungen bestehen
berechtigte Zweifel daran, ob das Land dieser verfassungsmäßigen Verpflichtung
ab 2007 noch gerecht wird. Soweit der Landtag den Entwurf des
Haushaltsstrukturgesetzes 2007 nahezu unverändert beschließt, sind deshalb in
enger Abstimmung mit dem Landkreistag Sachsen-Anhalt die Erfolgsaussichten
einer Verfassungsbeschwerde zu prüfen. Anmerkung : Der vorstehende Beschlussvorschlag nebst Begründung ist im Wesentlichen durch den Landkreistag Sachsen-Anhalt e.V. erarbeitet worden. Die Landräte sind übereingekommen, den Beschlussvorschlag den Kreistagen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen (s. beigefügte Presseartikel). |
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