Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Vorlage - 0366/BLR/2022  

 
 
Betreff: Entscheidung über die Zulässigkeit des Einwohnerantrages "NEIN zur allgemeinen Impfpflicht! Unterversorgung verhindern - NEIN zur Impfpflicht im Gesundheitswesen!" vom 2. März 2022
vertreten durch Herrn Zietmann, Frau Zietmann und Herrn Knispel
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Einreicher:Kluge, J. Leiterin Büro Landrat
Baier Amtsleiter Rechtsamt
Federführend:Büro Landrat Bearbeiter/-in: Rexhi, Yvonne
Beratungsfolge:
Kreisausschuss Vorberatung
27.04.2022 
ordentliche Sitzung des Kreisausschusses    
Kreistag Landkreis Börde Entscheidung
04.05.2022 
ordentliche Sitzung des Kreistages des Landkreises Börde ungeändert beschlossen  (0366/BLR/2022)
Anlagen:
Anlage 1 Einwohnerantrag_Zietmann_Zietmann_Knispel
Anlage 2 Auszug KVG LSA und Kommentierung § 25 Einwohnerantrag

Verfahrensbeteiligte:

 

 

nicht erforderlich

erforderlich

zugestimmt

nicht zugestimmt

zuständiger Justitiar

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag beschließt, den Einwohnerantrag „NEIN zur allgemeinen Impfpflicht! Unterversorgung verhindern NEIN zur Impfpflicht im Gesundheitswesen!“ vom 2. März 2022 für unzulässig zu erklären und zurückzuweisen.

 

 


Sachdarstellung, Begründung:

 

Am 2. März 2022 wurde dem Kreistagsvorsitzenden Herrn Schmette und dem stellvertretenden Landrat Herrn Dr. Waselewski auf der Sitzung des Kreistages ein Einwohnerantrag gemäß § 25 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA) übergeben. Dieser ging somit am 2. März 2022 beim Landkreis Börde ein.

Der Einwohnerantrag lautet:

NEIN zur allgemeinen Impfpflicht! Unterversorgung verhindern NEIN zur Impfpflicht im Gesundheitswesen!“

 

Der Bundestag hat am 10.12.2021 eine Impfpflicht für die Gesundheitsberufe beschlossen. Daraus ergibt sich eine „einrichtungsbezogene Impfpflicht" für das betroffene Personal (u.a. in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und -diensten aber auch Rettungsdiensten). Die betroffenen Einrichtungen müssen, diejenigen Mitarbeiter, die bis zum Ablauf des 15.03.2022 keinen Impf- oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation vorlegen, beim Gesundheitsamt melden. Das Gesundheitsamt KANN dann im Rahmen der Infektionsschutzkontrolle ab dem 16.03.2022tigkeits- bzw. Aufenthaltsverbote aussprechen. Viele ungeimpfte Mitarbeiter im Gesundheitsbereich sind genesen und auch nach 6 Monaten (3 Monaten) noch immun. Diese medizinisch sinnvollen und andere nachvollziehbare Entscheidungen gegen eine Impfung mit bedingt zugelassenen Impfstoffen ohne Langzeitdaten dürfen nicht zum faktischen Jobverlust führen. Angesichts einer drohenden Unterversorgung im Gesundheitswesen unseres Landkreises, muss vor Durchsetzung etwaiger Tätigkeits- bzw. Aufenthaltsverbote eine Erhebung über die Folgen erfolgen und der Vollzug ausgesetzt werden.

Wir fordern daher: Ein Zusammenbruch des Gesundheitswesens durch eine Impfpflicht muss verhindert werden. Eine allgemeine Impfpflicht verbietet sich! Wir, die unterzeichnenden Bürger des Landkreises Börde, fordern den Kreistag auf:

 

1. Vom Landrat einzufordern, die Durchsetzung der Tätigkeits- bzw. Aufenthaltsverbote so lange auszusetzen, bis klar ist, dass eine Unterversorgung in allen Bereichen des Gesundheitswesens im Landkreis Börde ausgeschlossen werden kann

2. Sich als Volksvertreter der Einwohner des Landkreises Börde in Form einer Resolution gegen eine allgemeine Impfpflicht zu positionieren!

 

Der Kreistag des Landkreises Börde stellt (zunächst nur) die Zulässigkeit des Einwohnerantrages in öffentlicher Sitzung fest (§ 25 Abs. 5 Satz 1 KVG LSA).

Ist der Einwohnerantrag zulässig, so hat der Kreistag des Landkreises Börde innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Einwohnerantrages über diesen (inhaltlich) zu beraten (§ 25 Abs. 5 Satz 2 KVG LSA). Somit ist hier von einem zweitstufigen Verfahren auszugehen.

 

Dem Kreistag wird zur eigenen Entscheidungsfindung über die Zulässigkeit folgendes Prüfergebnis zum eingereichten Einwohnerantrag vorgelegt:

 

Es entspricht dem Gedanken der repräsentativen Demokratie, wenn die Einwohner gemäß § 25 KVG LSA erreichen können, dass die Vertretung eine bestimmte Angelegenheit berät (§ 25 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA). Hierfür müssen die formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen. Liegt bereits eine dieser formellen oder materiellen Voraussetzungen nicht vor, dann ist der Einwohnerantrag von der Vertretung als unzulässig zurückzuweisen.

 

Prüfung der formellen Voraussetzungen:

 

Erneuter Einwohnerantrag, § 25 Abs. 1 Satz 3 KVG LSA

 

Zu der Angelegenheit ist in den letzten zwölf Monaten kein zulässiger Einwohnerantrag bereits gestellt worden. Insoweit liegt kein erneuter Antrag vor.

 

Einwohner gemäß § 25 Abs. 1 KVG LSA

Unterzeichnung gemäß § 25 Abs. 3 KVG LSA

 

Antragsberechtigt sind Einwohner, die in einer Gemeinde des Landkreises rde wohnen und am 2.rz 2022, dem Tag der Einreichung des Einwohnerantrages, das 14. Lebensjahr vollendet haben (§§ 21 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA, § 56 Satz 1 Kommunalwahlgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (KWG LSA) und § 187 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Maßgebend ist demnach das am 2.rz 2022 vorliegende Einwohnerverzeichnis der örtlich zuständigen Meldebehörden (§ 56 Satz 3 KWG LSA). Jede Eintragung wird geprüft.

Der Einwohnerantrag muss gemäß § 25 Abs. 3 KVG LSA von mindestens 3 von Hundert der stimmberechtigten Einwohner unterzeichnet sein. Dieses Erfordernis wird jedoch höhenmäßig eingeschränkt (§ 25 Abs. 3 Nrn. 1 bis 7 KVG LSA). Die der Berechnung zugrunde zulegende Einwohnerzahl ist gemäß § 25 Abs. 7 KVG LSA i. V. m. § 67 KWG LSA diejenige Zahl, die nach dem KVG LSA für die Zahl der Vertreter maßgebend wäre. Gemäß § 158 KVG LSA ist die Einwohnerzahl maßgebend, die das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt am 31. Dezember des vorletzten Jahres ermittelt hat. Im Statistischen Bericht „Bevölkerung der Gemeinden“ mit Stand 31.12.2020 werden für den Landkreis rde 170.567 Einwohner ausgewiesen. Diese Zahl liegt zwischen mehr als 100.000 und bis zu 200.000 Einwohnern. Insoweit muss der Einwohnerantrag gemäß §§ 25 Abs. 3 Nr. 6 und 25 Abs. 4 Satz 1 KVG LSA von mindestens 2.000 stimmberechtigen Einwohnern unterzeichnet sein.

 

Schriftlichkeit, § 25 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 KVG LSA

Begründung, § 25 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA

Vertreter benennen, § 25 Satz 2 Satz 1 KVG LSA

 

Der Einwohnerantrag ist mit den zu seiner Unterstzung erforderlichen Unterschriften bei der Kommune schriftlich einzureichen. Die Antragstellung erfolgte durch Übergabe des Einwohnerantrages am 2. März 2022 an den Kreistagsvorsitzenden und den stellvertretenden Landrat in Papierform, mithin also schriftlich.

 

Da mit der Unterschrift der Einwohnerantrag unterstützt wird, muss diese unter den Einwohnerantrag (Text) gesetzt werden. Neben dem sachlichen Antrag liegt auch die gesetzlich geforderte Begründung hier vor.

Die Bestellung von Vertretungspersonen gewährleistet die Handlungsfähigkeit des Einwohnerantrages. Bis zu drei Personen sollen benannt werden, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Auf der Unterschriftenliste müssen die Vertreter durch die Einwohner vor deren Unterschriftsleistung benannt sein, somit auf der Unterschriftsliste sicht- und lesbar aufgeführt sein.

 

Nach den eingereichten Unterschriftslisten werden die Unterzeichner des Einwohnerantrages durch Herrn Felix Zietmann, wohnhaft Bergbreite 12 in 39326 Wolmirstedt, Frau Sarah Zietmann, wohnhaft Bergbreite 12 in 39326 Wolmirstedt und Herrn Mathias Knispel, wohnhaft Eschenweg 21a in 39326 Farsleben.

 

Dem Landkreis rde wurden am 2.rz 2022 nachweislich 193 Unterschriftsbögen mit einer unterschiedlichen Zahl von Eintragungen zum Einwohnerantrag, welcher durch die Vorgenannten unterstützt werden, vorgelegt.

 

Die Anzahl der Unterschriften belief sich auf 1.736.

 

Die erste Kontrolle hat ergeben, dass Unterschriftsbögen und somit Unterschriften aus folgenden Gründen für unzulässig erklärt werden mussten:

 

Anzahl

Unterschriftsbögen

Anzahl

Unterschriften

Begründung für Ungültigkeit

60

165

-          kein Einwohnerantrag nebst Begründung auf der Unterschriftsliste

-          Einwohneranträge für den Landkreis Stendal oder die Stadt Magdeburg

-          Unterzeichnende Personen sind keine Einwohner des Landkreises Börde

-          Unterschriften fehlen

-          Außer Name der Person keine weiteren Angaben vorhanden

 

 

 

Summe

165

Unzulässige Unterschriften

 

 

Es verbleiben somit 1.571 zu prüfende Unterschriften.

 

Mit Schreiben des Landkreises Börde vom 4. März 2022 an die Einwohnermeldeämter der Städte und Gemeinden des Landkreises Börde, nachrichtlich an die Hauptverwaltungsbeamten, erhielten alle Meldebehörden die Unterschriftsbögen mit der Bitte um Prüfung gültiger bzw. ungültiger Eintragungen. Name, Vorname, Anschrift, Tag der Geburt müssen hierbei zweifelsfrei erkennbar sein (vgl. § 56 Satz 2 KWG LSA). Das Ergebnis der Prüfung war dem Landkreis rde ohne Zeitverzug zu übermitteln. Dank der zügigen Bearbeitung aller Unterschriftsbögen durch die örtlich zuständigen Meldebehörden lassen sich folgende Feststellungen insgesamt treffen:

 

201 Unterschriften sind für unzulässig zu erklären. Gründe hierfür sind:

-          Mehrfachunterzeichnung der Person

-          Angabe falscher Geburtsdaten, fehlende Hausnummern, falscher Vornahme

-          Person nur mit Nebenwohnung in der Gemeinde gemeldet

-          Person nicht unter der angegebenen Anschrift gemeldet.

 

Es verbleiben somit 1.370 zulässige Unterschriften.

 

Insoweit ist festzustellen, dass die notwendige Mindestzahl von 2.000 Unterschriften stimmberechtigter Einwohner nicht vorliegt.

 

Anmerkung:

Den, dem Landkreis Börde übergebenen Unterschriftslisten waren Unterschriftslisten beigefügt, welche durch Herrn Thomas Grimm, Eggenstedter Weg 3. 39387 Oschersleben, Herrn Axel Ziemann, Am Goldbach 23, 39387 Oschersleben, Herrn Dirk Wittekopf, Egenstedter Weg 2, 39387 Oschersleben vertreten wurden. Hierbei handelt es sich nach hiesiger Rechtsauffassung, welche durch das Landesverwaltungsamt gestützt wird, um einen eigenständigen Einwohnerantrag. Die auf diesem Einwohnerantrag geleisteten Unterschriften sind bei dem hier vorliegenden nicht zu berücksichtigen.

 

Hilfe der Kommune, § 25 Abs. 2 Satz 2 KVG LSA

 

Die Initiatoren des Einwohnerantrages können sich bei der Einleitung des Verfahrens der Hilfe des Landkreises Börde in den Grenzen seiner Verwaltungskraft bedienen. Die Hilfe ist in der Form angenommen worden, dass sich eine der benannten Vertreter am 19. Januar 2022 telefonisch erkundigt hat, wie der Einwohnerantrag auszusehen hat. Der Inhalt des Antrages wurde nicht erwähnt. Es wurde erklärt, dass jede Unterschriftsliste den Antrag und die Begründung beinhalten muss. Auf Unterzeichnungen der Rückseiten sollte verzichtet werden. Die Vertreter des Antrages sind ebenfalls auf jeder Unterschriftsliste aufzuführen. Mit E-Mail vom 21. Januar 2022 erhielt die Vertreterin die Kommentierung zu § 25 KVG LSA übersendet. Weitere Rückfragen gab es seitens der Vertreter/Initiatoren nicht.

 

Zwischenergebnis: Insgesamt ist festzustellen, dass die formellen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Der Einwohnerantrag ist formell unzulässig.

 

 

Prüfung der materiellen Voraussetzungen:

 

Hinreichend bestimmtes Begehren (§ 25 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA)

Der Einwohnerantrag darf sich nicht allgemein auf eine unbestimmte Vielzahl zukünftiger Angelegenheiten, sondern nur auf ein bestimmtes Begehren beziehen. An die Bestimmtheit des Antragsbegehrens sind keine strengen Anforderungen zu stellen.

Hier vorliegend ist für den Kreistag des Landkreises Börde hinreichend erkennbar, über welche sachlichen Ziele er beraten soll.

 

Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises, die in der gesetzlichen Zuständigkeit der Vertretung liegt (§ 25 Abs. 1 Satz 2 KVG LSA)

 

Gegenstand eines Einwohnerantrages können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein. Außerdem muss es sich um eine Angelegenheit handeln, die in den gesetzlichen Zuständigkeitsbereich der Vertretung fällt.

 

Hier soll der Kreistag des Landkreises Börde mit dem Einwohnerantrag aufgefordert werden, dem Hauptverwaltungsbeamten (Landrat) Weisungen zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes zu erteilen, so etwa die Durchsetzung von Tätigkeits- bzw. Aufenthaltsverboten so lange auszusetzen, bis eine Unterversorgung im Gesundheitswesen ausgeschlossen werden kann. Ein solches Anliegen zielt auf § 20a Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ab. Dies ist keine Angelegenheit, die nach § 25 Abs. 1 Satz 2 KVG LSA zum Gegenstand eines Einwohnerantrages gemacht werden kann. Denn die Aufgabe, Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zur Verhütung und Bekämpfung auf Menschen übertragbarer Krankheiten, einschließlich der Planung von Abwehrmaßnahmen für den Seuchenfall, nach Maßgabe der bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften durchzuführen, erfüllen die Landkreise und kreisfreien Städte als Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises, soweit nicht staatliche Behörden aufgrund besonderer Rechtsvorschriften zuständig sind (§ 3 Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZustVO IfSG) i. V. m. §§ 4 Abs. 1 und 19 Abs. 2 Satz 3 Gesundheitsdienstgesetz (GDG LSA)).

 

Innerhalb der Kommunen erledigt der Hauptverwaltungsbeamte die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 66 Abs. 4 KVG LSA).

Der Vollzug von Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes, wie § 20a Abs. 5 IfSG, ist eine staatliche Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis, deren unmittelbare Wahrnehmung nach § 66 Abs. 4 KVG LSA dem Hauptverwaltungsbeamten vorbehalten ist (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.01.2021, Az.: 3 R 2/21, juris, Rn. 32, 33).

Der Vertretung kommt beim Vollzug des Infektionsschutzgesetzes mithin keine gesetzliche Entscheidungskompetenz zu. Ließe man eine Befassung des Kreistages mit Angelegenheiten im Zuständigkeitsbereich des Hauptverwaltungsbeamten zu, drohe der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Organen der Kommune (Organe sind gemäß § 7 KG LSA der Hauptverwaltungsbeamte und die Vertretung) zu verschwimmen und die eigenständige, vom Kreistag gerade unabhängige Organstellung zu beeinträchtigen (Verwaltungsgericht Dresden, Beschluss vom 22.11.2021, Az.: 7 L 859/21).

Auch Weisungen, die in die ausschließliche Zuständigkeit des Hauptverwaltungsbeamten bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Infektionsschutzgesetz eingreifen, sind unzulässig und können nicht zum Gegenstand eines Einwohnerantrages gemacht werden.

 

Die Vertretung muss die Grenzen der Zuständigkeit der Kommune, insbesondere die verfassungsrechtliche Zuständigkeit, beachten. Die von der Vertretung gefassten Beschlüsse ergehen, auch soweit die Vertretung sich in Form appellativer oder symbolischer Entschließungen äert (vgl. Nr. 2 des Einwohnerantrages) in Ausübung gebundener öffentlicher Gewalt und bedürfen daher einer Rechtsgrundlage (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14.12 1990, 7 C 37/89, NVwZ 1991, 682).

Als Rechtsgrundlage kommt, sofern keine spezialgesetzliche Zuständigkeit besteht, die in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) gewährleistete Befugnis in Betracht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (Gemeinden) bzw. die Angelegenheiten ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs (Landkreise) im Rahmen der Gesetze zu regeln.

 

Aus diesen der Vertretung verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen des Betätigungsfeldes ergibt sich, dass sämtliche Maßnahmen der Gemeinde einen spezifischen örtlichen Bezug haben müssen. Der Gemeinde kommt keine Kompetenz zur Befassung mit allgemeinpolitischen Angelegenheiten zu.

Die Gemeinde erlangt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 79, 127 <147>; ferner 8, 122 <134>).

 

Auch den Landkreisen als Gemeindeverbände steht das Recht der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nur im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches zu. Das bedeutet, dass sich ein Kreistag grundsätzlich nur mit solchen Angelegenheiten befassen darf, die den Landkreisen durch Gesetz als Selbstverwaltungsaufgaben zugewiesen sind.

Überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land usw.) fallen und damit außerhalb der kommunalen Entscheidungskompetenz liegen, sind einem Einwohnerantrag nicht zugänglich, wenn die Angelegenheiten aus dem Selbstverwaltungsrecht abzuleitende Rechtspositionen oder gesetzlich eingeräumte Beteiligungsrechte der Kommune nicht konkret berühren.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen überschreitet die Behandlung des Themas „Einführung einer allgemeinen Impfpflicht“ den durch Art. 28 Abs. 2 GG gezogenen Wirkungskreis der Kommunen.

Die bundesweite Frage der Einführung einer Impfpflicht, mithin eine Angelegenheit in Bundeskompetenz auf dem Gebiet des Infektionsschutzes, trifft die einzelne Kommune nicht ortsspezifisch, d. h. stärker oder deutlich anders als andere Kommunen, sondern die Allgemeinheit der Kommunen. Der Befassung mit einer allgemeinen Impfpflicht fehlt es insofern an der erforderlichen Verfestigung, um sie zur Angelegenheit des örtlichen Wirkungskreises einer bestimmten Kommune werden zu lassen und eine der gesetzlichen Aufgabenverteilung entsprechende Behandlung in der Vertretung hier möglich zu machen.

 

 

Zwischenergebnis: Insoweit liegen hier die materiellen Voraussetzungen nicht vor.

 

Ergebnis: Der Einwohnerantrag ist formell und materiell unzulässig.

 

Dem Kreistag des Landkreises Börde wird daher empfohlen zu beschließen, dass der Einwohnerantrag „NEIN zur allgemeinen Impfpflicht! Unterversorgung verhindern NEIN zur Impfpflicht im Gesundheitswesen!“ vom 2. März 2022 für unzulässig erklärt und zurückgewiesen wird.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja

Nein

he der gesamten finanziellen Auswirkungen:

 

Produkt:

 

Planmäßig: Die erforderlichen Mittel sind im Produkt eingeplant.

Überplanmäßig: Die erforderlichen Mittel sind teilweise im Produkt eingeplant, eine Deckung erfolgt durch:

Außerplanmäßig: Die erforderlichen Mittel sind nicht eingeplant.

Erläuterungen:

 

 

Personelle Auswirkungen:

 

Ja

Nein

Erläuterungen:

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1 Einwohnerantrag Vertreter Zietmann/Zietmann/Knispel nach § 25 KVG LSA

Anlage 2 Auszug KVG LSA und Kommentierung zu § 25 KVG LSA

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 Einwohnerantrag_Zietmann_Zietmann_Knispel (856 KB)    
Anlage 3 2 Anlage 2 Auszug KVG LSA und Kommentierung § 25 Einwohnerantrag (303 KB)