Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Vorlage - 0329/70/2021  

 
 
Betreff: Information zum Stand des Standortsuchverfahren zur Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Einreicher:Paasche Amtsleiter Natur und Umwelt
Naumann Dezernentin 3
Federführend:Natur- und Umweltamt Bearbeiter/-in: Paetzel, Kilian
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft, Bau und Umwelt Informationspflicht
10.11.2021 
ordentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Bau und Umwelt zur Kenntnis genommen   

Verfahrensbeteiligte:

 

 

nicht erforderlich

erforderlich

zugestimmt

nicht zugestimmt

zuständiger Justitiar

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

-entfällt-


Sachdarstellung, Begründung:

Bericht zum Stand des Standortsuchverfahren zur Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle

 

1. Gesetzliche Grundlagen und Zeitplan der Standortsuche

 

Im Jahr 2013 haben Bundestag und Bundesrat per Gesetz die Suche nach dem Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für ein Endlager für die in Deutschland produzierten Abfälle neu gestartet. Im Mai 2017 novellierte der Gesetzgeber das "Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle" (Standortauswahlgesetz- StandAG; BGBL. I S.1074 vom 5. Mai 2017). Das Standortsuchverfahren untergliedert sich in folgende Planungsphasen und Entscheidungsprozesse:

 

Phase I

Schritt 1  Ermittlung von Teilgebieten gemäß § 13 StandAG

(s. Pkt.2: Bericht der BGE vom 28.09.2020)

 

Schritt 2  Ermittlung von Standortregionen für die übertägige Erkundung gemäß § 14 StandAG (ab dem Jahr 2022)

 

Nach Abschluss der Phase I entscheidet der Bundestag gemäß § 15 Abs.3 StandAG über

die Standortregionen zur übertätigen Erkundung.

 

Phase II

Übertägige Erkundung, sozioökonomische Potenzialanalysen und Vorschlag für die

untertägige Erkundung gemäß § 16 StandAG

 

Nach Abschluss der Phase II entscheidet der Bundestag gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 StandAG

zu den Standortvorschlägen zur untertägigen Erkundung.

 

Phase III

Untertägige Erkundung mehrerer Standorte

Erstellung UVP- Bericht gemäß § 18 StandAG

abschließender Standortvergleich und Standortvorschlag gemäß § 19 StandAG

 

Gemäß § 20 Abs.1 StandAG legt die Bundesregierung dem Bundestag und dem Bundesrat

den Standortvorschlag in Form eines Gesetzesentwurfes vor.  

 

Die Standortentscheidung soll bis zum Jahr 2031 getroffen werden.

Nach dieser Entscheidung erfolgt der Bau des Endlagers, dass bis spätestens 2050 in

Betrieb gehen soll.

 

2. Zwischenbericht Teilgebiete

 

Am 28.09.2020 wurde vom Vorhabenträger Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) der Zwischenbericht Teilgebiete gemäß § 13 StandAG veröffentlicht.

 

2.1 Generell haben Teilgebiete gemäß §§ 23, 26 StandAG folgende Mindest- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen:

 

- Mindesttiefe bzw. minimale Teufe des Wirtsgesteins:

300 m unter Gelände (§ 23 Abs.5 Nr. 3),

- Mindestmächtigkeit des Wirtsgesteins: 100 Meter (§ 23 Abs. 5 Nr.2)

- Gebirgsdurchlässigkeit weniger als 10-10 m/s (§ 23 Abs. 5 Nr. 1)

- die Fläche des Endlagers ist in § 23 Abs.5 Nr. 4 nicht konkret benannt (nach allgemeiner Expertenmeinung soll die Flächengröße eines homogenen Wirtsgesteins ca. 50 km² betragen)

- der Erhalt der Barrierewirkung muss gemäß § 23 Abs.5 i. V. m. § 26 Abs.1 für den Zeitraum von einer Millionen Jahren gewährleistet sein

- die Rückholbarkeit der eingelagerten Abfälle muss während der Betriebsphase und für 500 Jahre nach dem Verschluss des Endlagers gewährleistet sein (§ 26 Abs. 2 Nr.4),

- die Grenztemperatur an der Außenfläche der Behälter darf vorerst nicht größer als 100 Grad Celsius sein (§ 27 Abs.4)

- die Option für eine zusätzliche Einlagerung größerer Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle ist zu prüfen (§ 27 Abs. 5)

 

Der Vorhabenträger BGE hat im Zwischenbericht ausgeführt, dass die maximale Einlagerungstiefe 1500 m unter Gelände betragen soll. Diese Tiefenbegrenzung wird von Fachleuten unterschiedlich beurteilt und als zu gering angesehen.

 

2.2 Gemäß den geowissenschaftlichen Abwägungskriterien des § 24 StandAG wurden insgesamt 90 Teilgebiete ermittelt, die eine Gesamtfläche von ca. 194 157 km² einnehmen. Somit sind 54 % der Landesfläche der Bundesrepublik Deutschland als Teilgebiete ausgewiesen.

In Deutschland wurden drei Gruppen von Wirtsgesteinen näher untersucht:

 

- Tongestein:   9 Teilgebiete mit einer Fläche von ca. 129 639 km²

 

- Steinsalz:   74 Teilgebiete mit einer Fläche von ca. 30.450 km²

 

- Kristallines Gestein: 7 Teilgebiete mit einer Fläche von 80.786 km²

 

Die Ausweisung der Teilgebiete basiert auf den Daten der geologischen Fachämter der Bundesländer. Der Vorhabenträger BGE hat bisher noch keine eigenen Datenerhebungen oder Geländeuntersuchungen durchgeführt.

 

Im Rahmen der Ermittlung von Teilgebieten gemäß § 13 StandAG finden keine vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen gemäß § 27 StandAG und keine Anwendung der in der Anlage 12 (zu § 25) StandAG aufgeführten planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien (z. B. Abstand zu bebauten Flächen, Wasserschutzgebiete, Naturschutzgebiete) statt. Diese folgen nach Maßgabe des StandAG erst im Schritt 2 der Phase I des Standortauswahlverfahrens.

 

2.3 Im Landkreis Börde befinden sich folgende Teilgebiete:

 

2.3.1 Wirtsgestein Steinsalz

- Teilgebiet 073:

Salzstruktur Offlebener Sattel (19 km² Gesamtfläche, davon 2,9 km² Landkreis Börde)

 

- Teilgebiet 078:

Subherzyne Mulde mit Zechsteinablagerungen der Calvörder Scholle (Gesamtfläche: 3807 km², davon 2979 km² in Sachsen-Anhalt mit Flächenanteilen in den Landkreisen Salzwedel, Börde, Harz, Salzlandkreis)

Hinweis: Teilflächen werden für den Kalibergbau Zielitz genutzt

 

2.3.2 Wirtsgestein Kristallin

- Teilgebiet 012_TG_198

Teilflächen des Flechtinger Höhenzuges bei Flechtingen (Gesamtfläche 53 km²; vollständig im Landkreis Börde)

 

3. Öffentlichkeitsbeteiligung

 

3.1 Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ist gemäß § 4 Abs. 2 StandAG Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren.

Die Aufgaben des Nationalen Begleitgremiums (NBG) - bestehend aus 18 Mitgliedern - als vermittelnder und unabhängiger Begleiter des Standortauswahlverfahrens sind in § 8 StandAG definiert.

Dem vom NBG berufenen Partizipationsbeauftragten kommt gemäß § 8 Abs.5 eine besondere Rolle bei der frühzeitigen Identifikation möglicher Konflikte und der Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu. Gegenwärtig hat dieser den Organisationsrahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung mit dem BASE nach Abschluss der Fachkonferenz Teilgebiete abzustimmen.

 

3.2 Gemäß § 9 Abs.2 StandAG wurde der Zwischenbericht Teilgebiete (s. Pkt.2) im gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum von sechs Monaten erörtert.

Es wurden drei Fachkonferenzen durchgeführt:

 

Erste Fachkonferenz:  05. bis 07.02.2021 (digitales Format)

Zweite Fachkonferenz: 10. bis 12.06.2021 (digitales Format)

Dritte Fachkonferenz:  06. bis 07.08.2021 (hybrides Format)

 

Zwischen den Fachkonferenzen tagten die Arbeitsgruppen zu verschiedenen Fachthemen.

 

Teilnehmende Personen waren Bürgerinnen und Bürger, Vertreter der Gebietskörperschaften der nach § 13 Abs. 2 ermittelten Teilgebiete (hierzu zählt der Landkreis Börde), Vertreter gesellschaftlicher Organisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

 

Am 07.09.2021 hat die Fachkonferenz Teilgebiete den Gesamtbericht zu den Ergebnissen der Öffentlichkeitsbeteiligung dem BASE übergeben

Link: https://www.endlagersuche-infoplattform.de

 

3.3 Die Fachkonferenz Teilgebiete hat in Podiumsveranstaltungen und Arbeitsgruppen die Bandbreite den Zwischenbericht Teilgebiete sehr kritisch mit dem Vorhabenträger BFE erörtert. Folgende Punkte sind beispielhaft zu nennen:

 

- Die Flächengröße der Teilgebiete ist oftmals zu groß (mehrere Tausend Quadratkilometer). Aus dem Zwischenbericht können keine  naturwissenschaftlich begründeten Vorschläge für den nächsten Schritt der Phase I Ermittlung von Standortregionen für die übertägige Erkundung hergeleitet werden.

 

- Der Kenntnisstand zu den drei Wirtsgesteinen ist sehr unterschiedlich. Es besteht erheblicher Forschungsbedarf. Aktuell ist der Forschungsstand für das Wirtsgestein Steinsalz im Vergleich zu den anderen Wirtsgesteinen besser. In Anbetracht des relativ knappen Zeitraumes von zehn Jahren bis zur Standortentscheidung im Jahr 2031 müssen zeitnah Entscheidungen zur Auswahl der Standortregionen und zur übertägigen Erkundung getroffen werden.

 

- Die Szenarien zum Nachweis der Langzeitsicherheit eines Endlagers über den Zeitraum von 1 Million Jahre müssen folgende Aspekte berücksichtigen:

" Klimaschwankungen/ Klimaänderung:

a) Für den Betrachtungszeitraum werden mehrere Eiszeiten erwartet, die Auflast der Eismassen beeinflusst die physikalischen Eigenschaften des Wirtsgesteins und des Deckgebirges.

b) Der Meeresspiegel kann extremen  Schwankungen unterworfen sein. Im Extremfall ist ein Anstieg bis zu 60 Metern nicht auszuschließen.

 

" Vulkanismus/ Erdbeben:

Vulkanische Aktivitäten können in Deutschland wieder verstärkt auftreten (Schwerpunktgebiet Eifel, Teile des Erzgebirges). Die Sicherheitsabstände zu potenziellen vulkanischen Gebieten sind ggf. zu vergrößern (bisherige Vorgabe: 10 km, Empfehlung von Fachleuten: 50 km).

" Tektonik/ Störungszonen:

Das in Süddeutschland anstehende kristalline Wirtsgestein (z. B. Granit) ist tektonischen Spannungen unterworfen. Hieraus können Störungszonen entstehen. Derartige Störungszonen begünstigen Wasserzutritt in das Wirtsgestein.

 

- Für jedes Wirtsgestein sind spezielle Behälter zur Endlagerung erforderlich. Die für den Transport der hochradioaktiven Abfälle von den Zwischenlagern zum Endlagerstandort gebräuchlichen Castor- Behälter sind nach vorherrschender Auffassung der Fachleute für die Endlagerung nicht geeignet. Gegenwärtig gibt es noch keine praxistauglichen Behälter zur Endlagerung.

 

- Deutschland steht im engen Kontakt mit anderen europäischen Staaten. Von besonderem Interesse sind das geplante Endlager in der Schweiz (Wirtsgestein Ton: Standort Mont Terri bei Zürich) sowie das im Bau befindliche Endlager in Finnland (Wirtsgestein Kristallin/ Granit). In Frankreich gibt es noch keinen verwertbaren Planungsstand.

 

- Verschiedene Vertreter von gesellschaftlichen Organisationen oder Bürgerinitiativen haben ernsthafte Zweifel an der Transparenz des Standortauswahlverfahrens. Hierbei spielen Erfahrungen zu früheren Planungen der Endlager eine nicht unbedeutende Rolle (z. B. Gorleben).

 

Generell ist einzuschätzen, dass die Fachkonferenzen aus naturwissenschaftlicher Sicht sehr informativ waren und die Konferenzteilnehmer jederzeit Fragen und Probleme äußern konnten. Das BASE hat die Veranstaltungen technisch sehr gut vorbereitet und moderiert. Die vom Gesetzgeber ausdrücklich geforderte Selbstorganisation der Fachkonferenzen und der Arbeitsgruppentätigkeit wurde von den gewählten Vertretern mit großem Engagement erfüllt.

 

3.4 Als nächster Schritt soll das Fachforum Teilgebiete tagen. Hierzu laufen die Vorbereitungen. Dieses Fachforum soll voraussichtlich ab Jahr 2022 einmal oder zweimal pro Jahr tagen. Das Fachforum soll Vorschläge für die Standortregionen zur übertätigen Erkundung erarbeiten. Nach Beschlussfassung durch den Bundestag sind gemäß §10 StandAG Regionalkonferenzen für jede Standortregion einzuberufen. Die Zusammensetzung ist in § 10 Abs. 3 geregelt.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja

Nein

Höhe der gesamten finanziellen Auswirkungen:

 

Produkt:

 

Planmäßig: Die erforderlichen Mittel sind im Produkt eingeplant.

Überplanmäßig: Die erforderlichen Mittel sind teilweise im Produkt eingeplant, eine Deckung erfolgt durch:

Außerplanmäßig: Die erforderlichen Mittel sind nicht eingeplant.

Erläuterungen:

 

 

Personelle Auswirkungen:

 

Ja

Nein

Erläuterungen:

 

 


Anlagen:

 

keine