Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE
Verfahrensbeteiligte:
Beschlussvorschlag: Der Kreistag beschließt die von der Verwaltung vorgelegte Stellungnahme und deren Umsetzung hinsichtlich der festgelegten Maßnahmen zur Abstellung der vom Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt aufgezeigten Beanstandungen.
Sachdarstellung, Begründung: Vormerkung:
Gem. § 45 Abs. 2 Nr. 5 KVG LSA ist die Stellungnahme zum Prüfergebnis der überörtlichen Prüfung dem Kreistag zur Beschlussfassung vorzulegen und diese dem Landesverwaltungsamt weiterzuleiten.
Stellungnahme des Jugendamtes zum Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) über die überörtliche Prüfung des Landkreises Börde mit dem Schwerpunkt „Ausgewählte Maßnahmen der Jugendhilfe und der sonstigen Jugendarbeit“ vom 28.06.2021
Nachstehend wird Bezug auf die vier wesentlichen Prüfungsfeststellungen des Landesrechnungshofes genommen:
1) Empfehlungen der Organisationsuntersuchung waren noch nicht vollständig umgesetzt. Die funktionellen Möglichkeiten der Fachsoftware Prosoz 14+ wurden noch nicht vollumfänglich genutzt. (vgl. S. 12 ff. des Berichtes)1
Zum Zeitpunkt der Prüfungen des Landesrechnungshofes war der überwiegende Teil der 41 Empfehlungen der externen Organisationsuntersuchung des Zeitraums 2015/2016 bereits durch das Jugendamt umgesetzt. So konnten beispielsweise die Personalstellen entsprechend der Bedarfsberechnung des externen Gutachters „INSO“ mit (vorübergehend) abgesenkten Qualitätsstandards für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) (nur 7 statt 14 Stellen zugeführt), den Pflegekinderdienst (PKD), die Jugendgerichtshilfe (JGH) sowie den Bereich der Amtsvormünder im Stellenplan eingerichtet werden. Darüber hinaus wurde die Aufbaustruktur des Jugendamtes angepasst. Unter anderem wurde ein Sachgebiet aus dem Jugendamt herausgelöst und dem Amt für Bildung zugeordnet. Diese Entscheidung wurde durch den Landrat zum 01.06.2019 aufgrund einer einheitlichen Sachbearbeitung der Aufgaben des SGB VIII revidiert.
Des Weiteren konnten durch eine erneute Strukturänderung zum 01.12.2019 ergänzende zentrale Empfehlungen der Organisationsuntersuchung umgesetzt werden. Dies betraf unter anderem die organisatorische Zuordnung der Wirtschaftlichen Jugendhilfe zum ASD sowie die Ausgliederung des Pflegekinderdienstes aus selbigem.
Nicht umgesetzt werden konnte hingegen das komplette „Arbeitspaket 3“ der Organisationsuntersuchung (Aufbau eines Integrierten Fach- und Finanzcontrollings). Neben der Schaffung der benötigten Stellenkapazitäten für einen Sachbearbeiter Controlling (1,0 Vollzeitäquivalenten - VZÄ - 40 Wochenstunden auf Empfehlung der Firmen INSO und B&P Management- und Kommunalberatung) beinhaltete das Paket den Vorschlag der fortwährenden Überprüfung des Stellenbedarfs mittels eines Prozesszählers „peb-Tool“ sowie die Ertüchtigung der (nicht mehr erweiterbaren) Jugendamtssoftware Prosoz 14+.
Der Aussage des Landesrechnungshofes, dass die funktionellen Möglichkeiten der Jugendamtssoftware Prosoz 14+ nicht vollumfänglich genutzt würden, kann aus Sicht des Jugendamtes bestätigt werden. Allerdings ist eine weitere Anpassung der Software seitens des Herstellers nicht vorgesehen und bedingt damit deren schrittweise Ersetzung durch ein komplett neues Nachfolgeprodukt.
Vor diesem Hintergrund müssen sowohl der Arbeitsaufwand als auch die finanziellen Belastungen zum Betrieb der aktuellen Prosoz14-Version in klaren Grenzen gehalten werden.
2) Für die automatisierten Verfahren waren noch nicht alle Regelungen für eine sichere und kontrollfähige Berechtigungsverwaltung durch Dienstanweisung vorgegeben. (vgl. S. 14 f. des Berichtes)
Dieser Vorschlag richtet sich, abweichend von den anderen Empfehlungen, nicht an den örtlichen Jugendhilfeträger sondern explizit an die Gebietskörperschaft Landkreis Börde. Die zum sicheren Verwaltungshandeln notwendige Dienstanweisung steht derzeit noch aus. Nach deren In-Kraft-Treten wird sie die Rahmenbedingungen einer nachvollziehbaren Nutzerverwaltung beinhalten, die eine gleichzeitige Kontrolle durch die entsprechenden Team- bzw. Sachgebietsleitung ermöglichen wird.
3) Das Hilfeplanverfahren war noch nicht nach einem einheitlichen Grundschema standardisiert. (vgl. S. 45 ff., 49 f. des Berichtes)
Die Leistungen der Jugendhilfe werden durch einen partizipatorischen Prozess durch alle Beteiligten beschlossen. Vor diesem Hintergrund bestehen schon seit Jahren konkrete Handlungsanweisungen wie beispielsweise die notwendigen Grundschemata im Teilbereich des Hilfeplanverfahrens. Diese beruhen auf Empfehlungen der externen Organisationsuntersuchung und wurden in Form fachlicher Standards für die Umsetzung des Hilfeplanverfahrens umgesetzt (Teilprozesse im Kernprozess 6: §§ 27 ff SGB VIII – Hilfe zur Erziehung und andere hilfeplangesteuerte Leistungen). Diese Standards erfüllen die Vorgaben des Landesrechnungshofes und gehen in Teilen über diese hinaus. Gleichzeitig beinhaltet die Fachanwendung Prosoz 14+ eine umfassende Bibliothek an einheitlichen Formblättern, wie z.B. für das Hilfeplanprotokoll, welches von allen ASD-Kollegen verbindlich zu nutzen ist. Darüber hinaus wurden und werden alle Mitarbeiter des ASD zur fachgerechten Erstellung von Hilfeplänen geschult.
Festgestellte individuelle „Nachlässigkeiten“ der Mitarbeiter wurden im Rahmen von Dienstberatungen in den jeweiligen Teams thematisiert.
4) Das Verfahren zur Prüfung und zum Abschluss von LEQ-Vereinbarungen ist verbesserungswürdig. (vgl. S. 17 ff. des Berichtes)
Der Nachweis des effektiven Einsatzes von Finanzmitteln im Kontext der Hilfen zur Erziehung wird zukünftig eine immer größere Bedeutung erlangen. Dies kann beispielsweise durch den Umfang der Prüfung des Landesrechnungshofes im Kontext der LEQ-Vereinbarungen für den Teilbereich der Hilfen zur Erziehung plastisch vor Augen geführt werden.
Neben der durch den Landesrechnungshof bestätigten intensiven und gelingenden Zusammenarbeit des Jugendamtes mit dem Landesjugendamt als der Betriebserlaubnis erteilenden Behörde wird durch den LRH eine Anzahl an Hinweisen ergänzt.
Diese betreffen überwiegend fehlerhafte Bearbeitungen im Kontext:
der Einrichtungsbezogenheit (je Einrichtung eine LEQ – maßgeblich ist die Betriebserlaubnis) dem Inhalt der Leistung (Betriebserlaubnis mit dem Leistungsangebot des Trägers abgleichen) der Prospektivität (Vereinbarung tritt erst mit Unterschrift beider Vertragspartner in Kraft, Rückdatierungen unzulässig) dem Bestimmtheitsgebot der LEQ (Bezeichnung der Einrichtungen und Träger muss korrekt sein, Abgleich mit der Betriebserlaubnis) den Personalbedarf als wesentlichen Kostenfaktor detaillierter beschreiben lassen
Die hierbei durch den LRH getroffenen Hinweise und Vorschläge können seitens des Jugendamtes nachvollzogen werden und werden zeitnah einer kritischen Bewertung durch die entsprechenden Leitungsebenen unterzogen. Die sich hieraus ergebenden Resultate werden in konkretes Verwaltungshandeln überführt und mit den betroffenen Mitarbeitern praktisch umgesetzt.
Ausgehend von den o.g. Feststellungen leitet der Landesrechnungshof die folgenden drei dringend notwendigen Schlussfolgerungen ab:
1) Regelmäßige administrative Leistungs- und Qualitätskontrollen der HzE des öJHT bei den Leistungserbringern hinsichtlich der Ausgaben- und Fallzahlentwicklung (strategisches und transparentes Controlling-Systems aufbauen) (vgl. S. 47 ff. des Berichtes)
Für die bedarfsgerechte Steuerung der Hilfen zur Erziehung ist die Einführung eines Fach- und Finanzcontrollings im Jugendamt zwingend erforderlich. Gleichzeitig wurden durch das Jugendamt bereits eine Vielzahl an entsprechenden Vorarbeiten getätigt. Hierzu gehören beispielsweise die Definition von Qualitätsstandards der Leistungserbringung oder die Festlegung von praxisnahen Prozessabläufen.
Allerdings gestaltete sich die Einbindung der Qualitätsstandards und Prozessabläufe in die Jugendamtssoftware Prosoz14+ oftmals sehr schwierig. Neben der fehlenden Abbildung von Kern- und Teilprozessen ist eine zukünftige Weiterentwicklung der Software durch den Hersteller nicht vorgesehen und bedingt damit einen grundlegenden Umstieg auf ein komplett neues Nachfolgeprodukt mit effektiven Auswertungs- und Steuerungsmöglichkeiten. Diese können jedoch nur durch eine entsprechende Fachkraft in Form eines Administrators/ Controllers sinnvoll umgesetzt werden kann.
Insofern sollte zeitnah eine Grundsatzentscheidung zur Einrichtung einer Stelle Controlling getroffen werden.
2) Sichere und einheitliche Aktenführung unter Beachtung des Sozialdatenschutzes gewährleisten (vgl. S. 16 ff. des Berichtes)
Zum Zeitpunkt der Prüfung bestanden für das Jugendamt keine grundsätzlichen Regelungen zur Aktenführung. Lediglich für die allgemeine Bearbeitung von Geschäftsvorfällen wurden grundlegende Festlegungen (vgl. Allgemeine Geschäftsanweisung - AGA Pkt. 6.3, 6.5) im Jugendamt getroffen.
Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Notwendigkeit, die vorliegenden amtsinternen Regelungen zeitnah zu überarbeiteten. Hierzu erscheint es aus Sicht des Jugendamtes sinnvoll, eine einheitliche Aktenführung in den Bereichen anzuwenden, die vergleichbare Leistungen anbieten. Abweichungen in der Aktenführung der einzelnen Standorte (Haldensleben/ Oschersleben) sind historisch begründet und werden schrittweise angeglichen. Hierzu wird die Einführung der Nachfolgesoftware für das Jugendamt notwendige Impulse geben sowie die Einführung der e-Akte den Prozess deutlich beschleunigen.
Der Bereich des Sozialdatenschutzes hat spätestens seit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung erheblich an Bedeutung gewonnen. Neben dem Aspekt der Akteneinsicht bekommt der Anspruch auf Auskunft im Kontext einer beteiligungsorientierten Leistungssicherung einen immer größeren Stellenwert im Jugendamt. Das Jugendamt stellt sich grundsätzlich diesen Herausforderungen; gelangt aber im Einzelfall an deutliche fachliche Grenzen.
Dies zeigt sich in verschiedenen Themenfeldern des Datenschutzes, der in der alltagspraktischen Arbeit immer herausfordernder und komplexer wird, so dass das Jugendamt in eigener und abschließender Zuständigkeit diese Probleme (fast) nicht mehr leisten kann. Hier muss auf eine zentrale Stelle in der Kreisverwaltung, die für das Thema des Datenschutzes die erforderlichen Kernkompetenzen mitbringt, zurückgegriffen werden.
3) Umfassende Prüfung der HzE-LEQ-Vereinbarungen durch den Landkreis vornehmen (vgl. S. 50 des Berichtes)
Im Rahmen der Prüfung der LEQ-Vereinbarungen für den Leistungsbereich der Hilfen zur Erziehung wurden durch den Landesrechnungshof etliche Feststellungen getroffen, die eine fehlerhafte Bearbeitung aufzeigen. Aus Sicht des Jugendamtes sind diese auf die folgenden Teilaspekte zurückzuführen, die nicht in eigener Zuständigkeit des Jugendamtes liegen sondern vielmehr strukturell-übergreifend mit dem Landesjugendamt zu erörtern sind:
Mindestpersonalschlüssel in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe „Konzeption und Leistungsbeschreibung“ als Grundlagen der Betriebserlaubnis Anwendung und Relevanz der Heimrichtlinie Problematik „Fachkraft und geeignetes Personal“ Aufsicht und Kontrolle des eingesetzten Personals und Einhaltung Stellenplan Stellenanteile des Leitungs- und Verwaltungspersonals lt. Stellenplan Protokolle der örtlichen Prüfung und Weiterleitung an die Jugendämter Inhalte der Betriebserlaubnis, einheitliche Form Erziehungsfachstellen und Einbeziehung der Jugendämter
Unabhängig davon ist die Aufgabenerfüllung in diesem Themenbereich seitens des Jugendamtes als herausfordernd einzuschätzen. Das bestehende Personal (1,0 VZÄ) verhandelt sämtliche Vereinbarungen der ambulanten, teilstationären und stationären Angebote im Bereich der Hilfe zur Erziehung im Landkreis Börde. Diese Aufgabe erfordert eine fachlich-fundierte und an betriebswirtschaftlich orientierten Aspekten ausgerichtete Bearbeitung. Diese ist in der gegenwärtigen Personalsituation nur einschränkend umsetzbar.
Vor diesem Hintergrund ist eine bedarfsgerechte Aufgabenerfüllung schwer erfüllbar. Daher ist zu prüfen, ob nach dem Ausscheiden der bisherigen Stelleninhaberin eine unverzügliche Nachbesetzung mit qualifizierterem Anforderungsprofil und betriebswirtschaftlichem Spezialwissen eingeleitet werden kann.
Zudem werden die LEQ-Vereinbarungen für den Leistungsbereich der Hilfen zur Erziehung in einem zweistufigen Verfahren einer Revision unterzogen: In einem ersten Schritt wird das Jugendamt in eigener Zuständigkeit die bereits abgeschlossenen aktuellen Vereinbarungen auf ihre sachlich-inhaltliche Rechtmäßigkeit sowie Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit prüfen. In dem zweiten Schritt wird das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises die Zuständigkeit für eine Überprüfung des Aufgabenbereiches nach eigenen zweckmäßigen Kriterien übernehmen.
Prüfung der geförderten Kinder- und Jugendarbeit i.S.d. §§ 11 bis 14 SGB VIII
Ausgehend von den vorstehend dargelegten Prüfungsschwerpunkten ist anzumerken, dass für den rechtlichen Rahmen der §§ 11-14 SGB VIII keine Feststellungen des Landesrechnungshofes getroffen wurden. Folglich ist zu unterstellen, dass es keinerlei Beanstandungen in diesem überprüften Arbeitsfeld der Jugendhilfe gegeben hat.
Finanzielle Auswirkungen:
Personelle Auswirkungen:
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