Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Auszug - Bürgerbegehren Ohrekreis-Klinikum; Widerspruch der Vertreter der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" gegen den Bescheid des Kreistages vom 19.06.2007  

 
 
2. ordentliche Sitzung des Kreistages des Landkreises Börde
TOP: Ö 5.9 Beschluss:076/30/2007
Gremium: 5. WP Kreistag Landkreis Börde Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mi, 26.09.2007 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 17:40
Raum: - Sitzungsräume -
Ort: Landkreis Börde, Verwaltungsgebäude, Gerikestraße 104, 39340 Haldensleben
076/30/2007 Bürgerbegehren Ohrekreis-Klinikum; Widerspruch der Vertreter der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" gegen den Bescheid des Kreistages vom 19.06.2007
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Einreicher:Wolf
Bredthauer
Federführend:Bereich Recht Bearbeiter/-in: Kaufhold, Ingetraut

Herr Bredthauer

Herr Bredthauer führte aus, dass in der Vorlage der gesamte Werdegang des Verfahrens dargestellt ist. Die Bürgerinitiative “Pro-OK-Klinikum” hatte einen Antrag auf Durchführung eines Bürgerbegehrens gestellt. Der Kreistag des Landkreises Ohrekreis erklärte dieses Bürgerbegehren am 06.06.2007 für unzulässig. Durch Bescheid vom 19.06.2007, zugestellt am 20.06.2007, hat der Kreistag diese Entscheidung den Vertretern der Bürgerinitiative bekannt gegeben. Dagegen hatte die Bürgerinitiative mit Schreiben vom 11.07.2007 (zugegangen am 17.07.2007) Widerspruch eingelegt. Die Prüfung des Widerspruchs im Rahmen des Abhilfeverfahrens hat Folgendes ergeben: Der Widerspruch ist zulässig - er wurde insbesondere rechtzeitig erhoben. Er ist jedoch aus folgenden Gründen unbegründet:

1. wesentlicher Punkt:

Der Kreistag hatte in seiner Entscheidung am 06.06.2007 festgestellt, dass es sich bei der Übertragung bzw. bei einem Trägerwechselverfahren des Ohrekreis-Klinikums nicht um eine wichtige Kreisangelegenheit handelt. Um eine wichtige Kreisangelegenheit handelt es sich u.a. dann, wenn eine öffentliche Einrichtung aufgehoben wird. Entgegen der Auffassung der Bürgerinitiative handelt es sich durch den Trägerwechsel nicht um die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung. Die Einrichtung steht allen Bürgern zur Nutzung weiterhin zur Verfügung. Der Trägerwechsel hat auf die Einrichtung keinen Einfluss.

2. wesentlicher Punkt:

Im Bürgerbegehen waren notwendige Ausführungen zu den künftigen Kosten nicht enthalten. Es wurde lediglich ausgeführt, dass es Aufgabe des Landkreises sei, für eine ausreichende Kostendeckung zu sorgen. Dieses Merkmal ist bei der Besonderheit dieser Gestaltung OK-Klinikum auch gesondert zu betrachten. Es kann nicht nur allein darum gehen, die Kosten für den Betrieb des Klinikums, Standort Haldensleben, zu sichern, sondern darüber hinaus auch die Kosten für ein sachgerechtes und gebotenes Nachnutzungskonzept für den Standort Wolmirstedt sicherzustellen. Bei der derzeitigen Haushaltslage des Landkreises ist offenkundig, dass der Landkreis nicht in der Lage ist, diese Kosten für die Nachnutzung, Standort Wolmirstedt, zu sichern.

 

Der Landkreis geht davon aus, dass bei dieser Sachlage die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechend anwendbar sind. Üblicherweise beginnt auf den Widerspruch das sogenannte Vorverfahren. In dem Vorverfahren prüft die Ausgangsbehörde, hier der Kreistag, ob dem Widerspruch entsprochen werden kann, d.h. ob die angefochtene Entscheidung revidiert werden muss. Kommt die Ausgangsbehörde zu dem Ergebnis, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden kann, legt sie diesen Widerspruch – einschließlich des gesamten Aktenvorgangs – der Kommunalaufsichtsbehörde vor.

Das ist Gegenstand des Beschlussvorschlages: Dem Widerspruch wird nicht abgeholfen. Demzufolge wird der Vorgang der Kommunalaufsichtsbehörde zur Entscheidung vorgelegt. Diese wird im weiteren Verlauf darüber entscheiden, ob dem Widerspruch stattgegeben wird. Für den Fall der Nichtstattgabe erfolgt dann die Erteilung eines Widerspruchsbescheides, der wiederum rechtsbehelfsfähig ist – er kann somit mit einer Klage angegriffen werden.

 

Frau Wolff bat um nochmalige Erläuterung und Verdeutlichung, warum der Trägerwechsel keine wichtige Kreisangelegenheit ist und warum die Entscheidung dem Landesverwaltungsamt zur Entscheidung vorgelegt werden müsste.

 

Herr Bredthauer erläuterte, dass die Prüfung eines Widerspruchs auf 2 Ebenen stattfindet:

 

1. die Zulässigkeit: Hier wird geprüft, ob der Widerspruch innerhalb der Rechtsbehelfsbelehrung (1 Monat) ab Bekanntgabe fristgerecht eingelegt wurde. Darüber hinaus wird die Rechtsbetroffenheit des Widerspruchsführers geprüft, d.h. ob dieser in seinen subjektiven Rechten verletzt sein könnte. Beide Fragen sind hier positiv zu beantworten.

 

2. die Begründetheit: Zu prüfen ist, ob der Widerspruch inhaltlich begründet ist. Im vorliegenden Fall ist der Widerspruch unbegründet. Es geht nicht um die Frage, ob das Klinikum eine öffentliche Einrichtung ist, sondern darum, ob die gesetzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens “die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung” erfüllt ist.

 

Dort schlägt die Verwaltung Folgendes vor: Der Trägerwechsel bedeutet nicht die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, weil diese immer im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag des Landkreises aus dem Krankenhausgesetz zu sehen ist. Diese Einrichung ist weiterhin jedermann ohne Beschränkungen, zu den bekannten Bedingungen, zugänglich - d.h. der Trägerwechsel führt nicht zu einer Aufhebung der öffentlichen Einrichtung und ist somit keine wichtige Kreisangelegenheit.

 

Selbstverständlich kann der Kreistag zu einer anderen Auffassung kommen und mehrheitlich entscheiden, dem Widerspruch abzuhelfen. Dann gilt die gesetzliche Regelung weiter.

 

Die Abgabe an das Landesverwaltungsamt hat rein verfahrensrechtliche Gründe:

Mit der Entscheidung im Rahmen des Vorverfahrens, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen wird, ist die Ausgangsbehörde (der Landkreis/Kreistag) verpflichtet, den gesamten Vorgang der Widerspruchsbehörde zu überlassen.

 

Herr Senkel konnte die Argumentation nicht nachvollziehen, dass der Verkauf des Klinikums keine wichtige Kreisangelegenheit ist. Durch den Verkauf ändert sich vorrangig die wirtschaftliche Philosophie des Hauses – alle Leistungen werden untersucht und auf Wirtschaftlichkeit überprüft. Dadurch könnten Teile der Einrichtung mit dem Ergebnis der Schließung zur Disposition stehen. Die Entscheidungsbeeinflussung durch den Kreistag wäre nicht mehr gegeben. Die Verträge sehen zwar eine Mitbestimmung von Landkreis und Kreistag vor, die sind seiner Ansicht nach jedoch wesentlich geringer als bei der Weiterführung in Form eines Eigenbetriebes. Diese Information sollte vor dem Hintergrund der Aufklärung an die Bevölkerung gehen.

Zweifelsfrei ist ein Privatunternehmen wirtschaftlich agiler am Markt. Dies kann bei einer Expansion und beim Ausbau von Leistungen vorteilhaft sein.

Die Entscheidung sollte jedoch die Bevölkerung des Landkreises treffen.

 

Frau Tiedge informierte, dass die Fraktion DIE LINKE. dem Beschluss nicht zustimmen wird – dem Widerspruch sollte abgeholfen werden. Die Fraktion ist nach wie vor der Auffassung, dass die Privatisierung eines Krankenhauses eine wichtige Kreisangelegenheit ist. Was kann in einer Kommune wichtiger sein als die Frage, ob kommunales Eigentum privatisiert wird? Unerheblich ist aus Sicht der Fraktion dabei, ob im Kaufvertrag eine Rückfallklausel vereinbart ist. Die ist in der Regel zeitlich begrenzt und verhindert nicht, dass das kommunale Eigentum der unmittelbaren Verfügungsgewalt durch den Landkreis entzogen wird.

 

Beispielsweise stehen, nach den ihr vorliegenden Informationen, bis Jahresende im Krankenhaus Neindorf betriebsbedingte Kündigungen von 51 Beschäftigten an – auch dort wurde zugesichert, dass dies nicht der Fall sein wird.

Auch ehemals kommunale Krankenhäuser können nach Ablauf einer “Schonfrist” geschlossen werden, wenn es für den Eigentümer nicht mehr wirtschaftlich ist.

Wenn man der Begründung folgen würde, bedeutet das im Umkehrschluss, dass jedes Bürgerbegehren unzulässig sei, das sich gegen Privatisierung richtet (z.B. Privatisierung von Verkehrsunternehmen, Stadtwerken, Abfallentsorgung, Wohnungsbaugesellschaften), da sie in der Regel alle vorerst bestehen bleiben. Aus diesem Grund wird der Widerspruch für zulässig und begründet gehalten.

 

Herr Dr. Daehre betonte, dass die Kreistagsmitglieder die gewählten Volksvertreter des Landkreises sind.

 

Herr Dr. Koch merkte an, dass Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen nicht nur vom neuen Eigentümer ausgehen würden. Es ist unerheblich in welcher Trägerschaft ein Klinikum steht – es unterliegt immer solchen Prämissen. Auch in kommunaler Trägerschaft hätte man damit rechnen müssen, dass unwirtschaftliche Abteilungen geschlossen werden. Das Argument von Herrn Senkel kann daher nicht gelten.

 

Herr Senkel nahm nicht an der Abstimmung teil und begab sich in den Gästebereich.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Kreistag half dem Widerspruch der Vertreter der Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" vom 17.07.2007 gegen seinen Bescheid vom 19.06.2007 nicht ab.

Er legt den Widerspruch dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vor.

Abstimmungsergebnis:

Abstimmungsergebnis:

 

Zustimmung:   mehrheitlich

Ablehnung:      8

Enthaltung:      3

 

Die Vorlage wurde zum Beschluss Nr. 076/30/2007 erhoben.