Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE
Herr Bredthauer führte aus, dass in
der Vorlage der gesamte Werdegang des Verfahrens dargestellt ist. Die
Bürgerinitiative “Pro-OK-Klinikum” hatte einen Antrag auf
Durchführung eines Bürgerbegehrens gestellt. Der Kreistag des Landkreises
Ohrekreis erklärte dieses Bürgerbegehren am 06.06.2007 für unzulässig. Durch
Bescheid vom 19.06.2007, zugestellt am 20.06.2007, hat der Kreistag diese
Entscheidung den Vertretern der Bürgerinitiative bekannt gegeben. Dagegen hatte
die Bürgerinitiative mit Schreiben vom 11.07.2007 (zugegangen am 17.07.2007)
Widerspruch eingelegt. Die Prüfung des Widerspruchs im Rahmen des
Abhilfeverfahrens hat Folgendes ergeben: Der Widerspruch ist zulässig - er
wurde insbesondere rechtzeitig erhoben. Er ist jedoch aus folgenden Gründen
unbegründet: 1. wesentlicher Punkt: Der Kreistag hatte in seiner
Entscheidung am 06.06.2007 festgestellt, dass es sich bei der Übertragung bzw.
bei einem Trägerwechselverfahren des Ohrekreis-Klinikums nicht um eine wichtige
Kreisangelegenheit handelt. Um eine wichtige Kreisangelegenheit handelt es sich
u.a. dann, wenn eine öffentliche Einrichtung aufgehoben wird. Entgegen der
Auffassung der Bürgerinitiative handelt es sich durch den Trägerwechsel nicht
um die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung. Die Einrichtung steht allen
Bürgern zur Nutzung weiterhin zur Verfügung. Der Trägerwechsel hat auf die
Einrichtung keinen Einfluss. 2. wesentlicher Punkt: Im Bürgerbegehen waren notwendige
Ausführungen zu den künftigen Kosten nicht enthalten. Es wurde lediglich
ausgeführt, dass es Aufgabe des Landkreises sei, für eine ausreichende
Kostendeckung zu sorgen. Dieses Merkmal ist bei der Besonderheit dieser
Gestaltung OK-Klinikum auch gesondert zu betrachten. Es kann nicht nur allein
darum gehen, die Kosten für den Betrieb des Klinikums, Standort Haldensleben,
zu sichern, sondern darüber hinaus auch die Kosten für ein sachgerechtes und
gebotenes Nachnutzungskonzept für den Standort Wolmirstedt sicherzustellen. Bei
der derzeitigen Haushaltslage des Landkreises ist offenkundig, dass der
Landkreis nicht in der Lage ist, diese Kosten für die Nachnutzung, Standort
Wolmirstedt, zu sichern. Der Landkreis geht davon aus, dass bei
dieser Sachlage die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
entsprechend anwendbar sind. Üblicherweise beginnt auf den Widerspruch das
sogenannte Vorverfahren. In dem Vorverfahren prüft die Ausgangsbehörde, hier
der Kreistag, ob dem Widerspruch entsprochen werden kann, d.h. ob die
angefochtene Entscheidung revidiert werden muss. Kommt die Ausgangsbehörde zu
dem Ergebnis, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden kann, legt sie
diesen Widerspruch – einschließlich des gesamten Aktenvorgangs –
der Kommunalaufsichtsbehörde vor. Das ist Gegenstand des
Beschlussvorschlages: Dem Widerspruch wird nicht abgeholfen. Demzufolge wird der
Vorgang der Kommunalaufsichtsbehörde zur Entscheidung vorgelegt. Diese wird im
weiteren Verlauf darüber entscheiden, ob dem Widerspruch stattgegeben wird. Für
den Fall der Nichtstattgabe erfolgt dann die Erteilung eines
Widerspruchsbescheides, der wiederum rechtsbehelfsfähig ist – er kann
somit mit einer Klage angegriffen werden. Frau Wolff bat um nochmalige
Erläuterung und Verdeutlichung, warum der Trägerwechsel keine wichtige
Kreisangelegenheit ist und warum die Entscheidung dem Landesverwaltungsamt zur
Entscheidung vorgelegt werden müsste. Herr Bredthauer erläuterte, dass die
Prüfung eines Widerspruchs auf 2 Ebenen stattfindet: 1. die Zulässigkeit: Hier wird
geprüft, ob der Widerspruch innerhalb der Rechtsbehelfsbelehrung (1 Monat) ab
Bekanntgabe fristgerecht eingelegt wurde. Darüber hinaus wird die
Rechtsbetroffenheit des Widerspruchsführers geprüft, d.h. ob dieser in seinen
subjektiven Rechten verletzt sein könnte. Beide Fragen sind hier positiv zu
beantworten. 2. die Begründetheit: Zu prüfen ist,
ob der Widerspruch inhaltlich begründet ist. Im vorliegenden Fall ist der
Widerspruch unbegründet. Es geht nicht um die Frage, ob das Klinikum eine
öffentliche Einrichtung ist, sondern darum, ob die gesetzliche Voraussetzung
für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens “die Aufhebung einer
öffentlichen Einrichtung” erfüllt ist. Dort schlägt die Verwaltung Folgendes
vor: Der Trägerwechsel bedeutet nicht die Aufhebung einer öffentlichen
Einrichtung, weil diese immer im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen
Versorgungsauftrag des Landkreises aus dem Krankenhausgesetz zu sehen ist.
Diese Einrichung ist weiterhin jedermann ohne Beschränkungen, zu den bekannten
Bedingungen, zugänglich - d.h. der Trägerwechsel führt nicht zu einer Aufhebung
der öffentlichen Einrichtung und ist somit keine wichtige Kreisangelegenheit. Selbstverständlich kann der Kreistag
zu einer anderen Auffassung kommen und mehrheitlich entscheiden, dem
Widerspruch abzuhelfen. Dann gilt die gesetzliche Regelung weiter. Die Abgabe an das Landesverwaltungsamt
hat rein verfahrensrechtliche Gründe: Mit der Entscheidung im Rahmen des
Vorverfahrens, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen wird, ist die
Ausgangsbehörde (der Landkreis/Kreistag) verpflichtet, den gesamten Vorgang der
Widerspruchsbehörde zu überlassen. Herr Senkel konnte die Argumentation
nicht nachvollziehen, dass der Verkauf des Klinikums keine wichtige
Kreisangelegenheit ist. Durch den Verkauf ändert sich vorrangig die
wirtschaftliche Philosophie des Hauses – alle Leistungen werden
untersucht und auf Wirtschaftlichkeit überprüft. Dadurch könnten Teile der
Einrichtung mit dem Ergebnis der Schließung zur Disposition stehen. Die
Entscheidungsbeeinflussung durch den Kreistag wäre nicht mehr gegeben. Die
Verträge sehen zwar eine Mitbestimmung von Landkreis und Kreistag vor, die sind
seiner Ansicht nach jedoch wesentlich geringer als bei der Weiterführung in
Form eines Eigenbetriebes. Diese Information sollte vor dem Hintergrund der
Aufklärung an die Bevölkerung gehen. Zweifelsfrei ist ein Privatunternehmen
wirtschaftlich agiler am Markt. Dies kann bei einer Expansion und beim Ausbau
von Leistungen vorteilhaft sein. Die Entscheidung sollte jedoch die
Bevölkerung des Landkreises treffen. Frau Tiedge informierte, dass die
Fraktion DIE LINKE. dem Beschluss nicht zustimmen wird – dem Widerspruch
sollte abgeholfen werden. Die Fraktion ist nach wie vor der Auffassung, dass
die Privatisierung eines Krankenhauses eine wichtige Kreisangelegenheit ist.
Was kann in einer Kommune wichtiger sein als die Frage, ob kommunales Eigentum
privatisiert wird? Unerheblich ist aus Sicht der Fraktion dabei, ob im
Kaufvertrag eine Rückfallklausel vereinbart ist. Die ist in der Regel zeitlich
begrenzt und verhindert nicht, dass das kommunale Eigentum der unmittelbaren
Verfügungsgewalt durch den Landkreis entzogen wird. Beispielsweise stehen, nach den ihr
vorliegenden Informationen, bis Jahresende im Krankenhaus Neindorf
betriebsbedingte Kündigungen von 51 Beschäftigten an – auch dort wurde
zugesichert, dass dies nicht der Fall sein wird. Auch ehemals kommunale Krankenhäuser
können nach Ablauf einer “Schonfrist” geschlossen werden, wenn es
für den Eigentümer nicht mehr wirtschaftlich ist. Wenn man der Begründung folgen würde,
bedeutet das im Umkehrschluss, dass jedes Bürgerbegehren unzulässig sei, das
sich gegen Privatisierung richtet (z.B. Privatisierung von Verkehrsunternehmen,
Stadtwerken, Abfallentsorgung, Wohnungsbaugesellschaften), da sie in der Regel
alle vorerst bestehen bleiben. Aus diesem Grund wird der Widerspruch für
zulässig und begründet gehalten. Herr Dr. Daehre betonte, dass die
Kreistagsmitglieder die gewählten Volksvertreter des Landkreises sind. Herr Dr. Koch merkte an, dass
Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen nicht nur vom neuen Eigentümer
ausgehen würden. Es ist unerheblich in welcher Trägerschaft ein Klinikum steht
– es unterliegt immer solchen Prämissen. Auch in kommunaler Trägerschaft
hätte man damit rechnen müssen, dass unwirtschaftliche Abteilungen geschlossen
werden. Das Argument von Herrn Senkel kann daher nicht gelten. Herr Senkel nahm nicht an der
Abstimmung teil und begab sich in den Gästebereich. Beschluss: Der Kreistag half dem Widerspruch der Vertreter der
Bürgerinitiative "Pro-OK-Klinikum" vom 17.07.2007 gegen seinen
Bescheid vom 19.06.2007 nicht ab. Er legt den Widerspruch dem Landesverwaltungsamt
Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vor. Abstimmungsergebnis: Zustimmung: mehrheitlich Ablehnung: 8 Enthaltung: 3 Die Vorlage wurde zum Beschluss Nr.
076/30/2007 erhoben. |
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