Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Auszug - Kooperation zwischen der Stadt Omsk (Russland), der Gemeinde Barleben und dem Landkreis Börde  

 
 
30. ordentliche Sitzung des Kreisausschusses
TOP: Ö 6.3 Beschluss:2017/LR/0453
Gremium: Kreisausschuss Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mi, 12.07.2017 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 15:04 - 16:31
Raum: - Sitzungsräume -
Ort: Landkreis Börde, Verwaltungsgebäude, Gerikestraße 104, 39340 Haldensleben
2017/LR/0453 Kooperation zwischen der Stadt Omsk (Russland), der Gemeinde Barleben und dem Landkreis Börde
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Einreicher:Walker
Federführend:Landrat Bearbeiter/-in: Kluge, Janina

Der Landrat wies darauf hin, dass die Vorlage am 11.07.2017 konkretisiert wurde. Die Änderungen wurden farblich im ALLRIS® ergänzt.

Der Vertrag soll in der Zeit vom 04. bis 07.08.2017 abgeschlossen werden. Die Stadt Omsk hat zu ihrem in dieser Zeit stattfindendem Stadtfest eine Delegation bestehend aus dem Präsident der Industrie- und Handelskammer, dem Bürgermeister der Gemeinde Barleben, dem Landrat und dem Leiter des Unternehmerbüros der Gemeinde Barleben eingeladen.

Der Besuch ist derzeit noch in der Schwebe, da das Visum beantragt, aber noch genehmigt wurde.

 

Herr Walker wies darauf hin, dass es sich bei der vorliegenden Kooperationsvereinbarung um einen Entwurf handelt, der gegenwärtig von Juristen der Stadt Omsk geprüft wird. Der Landkreis hat neben den zu knüpfenden wirtschaftlichen Kontakten Interesse daran, dass ein Austausch der Verwaltungen und der Volksvertretern der kommunalen Ebene erfolgen kann. Bei dem zu fassenden Beschluss handelt es sich deshalb lediglich um einen Vorratsbeschluss.

 

 

Frank Hüttemann (SPD) betonte, dass es wichtig ist, Kontakte, auch wirtschaftlicher Natur, zu pflegen. Deshalb ist auch eine kommunale Außenpolitik zulässig, um mit Nachbarländern oder durchaus auch weiter weg liegenden Ländern Kontakte zu pflegen. Wichtig dabei ist, dass sich Organisationseinheiten zusammen finden, die möglichst eine vergleichbare Struktur haben und bei denen es wechselseitige Beziehungen in der Auswertung der Entwicklungen geben kann. Dies ist auch der Hintergrund von Städtepartnerschaften seit vielen Jahren in Deutschland mit den unterschiedlichsten Städten und Ländern. Für einen Landkreis sind Partnerschaften durchaus möglich. Im Regelfall wird eine Partnerschaft mit einer Verwaltungseinheit geschlossen, die einem Landkreis entsprechen und Ähnlichkeiten und Vergleichbarkeiten vorliegen.

Daher hatte Herr Hüttemann seine Zweifel mit der Stadt Omsk. Der effektive Nutzen des Landkreises an einer Partnerschaft mit einer etwa 5.000 Kilometer entfernten Kommune, die mehr als das fünffache der Einwohnerzahl des Landkreises hat, ist nicht nachvollziehbar. Omsk hat über eine Mio. Einwohner und ist keine Art Landkreis, sondern kreisfreie Stadt. Auch die russischen Verwaltungsstrukturen sind nicht vergleichbar mit den deutschen, da diese nicht demokratisch durchstrukturiert, sondern stark zentralistisch organisiert sind. Er hat daher seine Bedenken, ob das eine Partnerschaft ist, die der Landkreis anstreben sollte. Eine vergleichbare Struktur ist aus seiner Sicht nicht erkennbar. Die Stadt Omsk hat bereits einige Partnerschaften, allerdings nicht zu einer westeuropäischen Stadt. Möglicherweise wären andere Partnerschaften für den Landkreis Börde vorteilhafter. Es gibt eine recht große europäische Region mit unterschiedlichsten Ländern. Das Land hat viele Partnerschaften mit europäischen Regionen, wie Polen und Frankreich. Herr Hüttemann regte an, eine Partnerschaft mit einem Landkreis oder ähnlichen Einrichtung innerhalb der Europäischen Union (EU) einzurichten. Diese Partnerschaften werden beispielsweise durch Reisekostenzuschüsse und ähnliches finanziell gefördert. Für diese Regionen gibt es viele EU-Förderungen und gemeinsame Überlegungen und Strategien, wie ländliche Räume entwickelt werden könnten. Aus seiner Sicht besteht zu solchen Regionen mehr Nähe, als zu einer kreisfreien Millionenstadt in Sibirien.

Er gab zu bedenken, dass aus der Kooperation selbst keine finanziellen Verpflichtungen entstehen, jedoch die Delegationsreisen Kosten verursachen. Es ist daher fraglich, ob Omsk im weitesten Sinne als Nachbarschaft gesehen werden kann und ob nicht eine Partnerschaft angestrebt werden sollte, die in der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehung näher stehen.

 

Gudrun Tiedge (DIE LINKE) erklärte, dass die Fraktion „DIE LINKE“ die Bedenken von Herrn Hüttemann nicht teilt. Entgegen der bundespolitischen Eben, die zu Boykotten gegenüber Russland aufruft, begrüßte Frau Tiedge die politische Vernunft auf kommunaler Ebene und befürwortete die Partnerschaft mit der russischen Stadt Omsk. Aus ihrer Sicht bestehen keine Bedenken, dass der Landkreis Kontakt zu einer Großstadt aufbauen möchte. Schwieriger wird es hingegen die Beziehungen bei einer vergleichbaren kommunalen Ebene in Russland aufrecht zu erhalten.

Das Argument von Herrn Hüttemann, Partnerschaften zu Regionen, die dem Landkreis kultureller näher stehen, aufleben zu lassen, konnte sie nicht folgen. Gleiche kulturelle Ansprüche bestehen aus Sicht von Frau Tiedge auch in Russland.

Sie lobte das erste Treffen in Barleben mit einer Delegation aus Omsk und zeigte auf, dass es möglich ist, eine gute Partnerschaft zu pflegen. Sprachliche Barrieren gibt es mit jedem Land.

 

Frank Senkel (DIE GRÜNEN/PIRATEN) hielt die Kontaktaufnahme, speziell vor dem Hintergrund, dass eine Sensibilisierung der Probleme der anderen Seite erfolgt, für wichtig. Die möglichen Wirtschaftskontakte spielen ebenso eine Rolle bei einer solchen Partnerschaft. Wenn eine Partnerschaft eingegangen wird, sollte diese nicht nur auf dem Papier stehen, sondern sie sollte auch gelebt werden. Dazu gehören für den Informationsfluss regelmäßige Kontakte. Der Landrat soll mit dem Beschluss die Ermächtigung erhalten, die Verhandlungen bis zur endgültigen Fassung der Vereinbarung zu führen und abzuschließen. Herr Senkel bat um Klarstellung, dass der Rahmenvertrag nicht um verbindliche Verträge nach Beschlussfassung des Kreisausschusses ergänzt wird.

 

Herr Walker erklärte, dass es sich um einen Entwurf handelt. Die russischen Vertreter sprachen sich dafür aus, dass diese Vereinbarung zu Beginn als gemeinsames Protokoll verfasst werden soll. Dies wird von Omsk derzeit juristisch geprüft und anschließend zum Beschluss an die Vertragsunterzeichner vorgelegt. Der Landrat soll dann legitimiert sein, dieses Protokoll zu unterzeichnen.

Herr Walker kann die materiellen Aufwendungen nachvollziehen, die sich jedoch im Rahmen halten werden. Es bestand von Anfang bis Ende der 90er Jahre eine Partnerschaft zwischen der Stadt Omsk und dem Altmarkkreis Salzwedel. Hintergrund war, dass diese eng auf Ebene der Landwirtschaft verbunden waren. Durch den Zuwachs an Industrie sucht die Stadt Omsk daher andere Partnerschaften. Der Vorgänger des derzeitigen Bürgermeisters von Omsk war ein Deutschstämmiger. Omsk hat deshalb eine stark ausgeprägte Assoziation mit Deutschland.

Die Verhältnismäßigkeit muss im Auge behalten werden, betonte Herr Walker.

Durch einige Unternehmen wurden Verträge mit anderen Unternehmen vorbereitet. Diese werden ebenfalls mit nach Omsk reisen. Um diese Vertragsabschlüsse herum soll als Rahmen eine Partnerschaft auf Ebene von Gruppen und Vertretungskörperschaften entwickelt werden. Nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, sondern auch auf kommunalpolitischer Ebene besteht ein Interesse an einem Erfahrungsaustausch.

Der Weitblick für solche Partnerschaften sollte geprägt und sensibilisiert werden.

 

Marlis Schünemann (CDU) befürwortete die Ausgestaltung dieser Partnerschaft und forderte, dass der Akzent auf die Jugend gelegt wird, um die Nachhaltigkeit durch ein Netzwerk zu sichern.

 

Herr Walker verwies auf die Vereinbarung unter Punkt vier und erklärte, dass ein Augenmerk auch auf die Verknüpfung von Kindern und Jugendlichen gelegt werden soll.

 

Jens Ackermann (FDP) erläuterte, dass die Kooperationsvereinbarung die vier Punkt Wirtschaft, Bildung, Kultur/Sport und Jugendarbeit/Jugendpolitik umfasst. Er fragte, ob die erste Ausführung zur Wirtschaft in der Kooperationsvereinbarung nicht den EU-Sanktionen widerspricht. Er sprach sich für eine Völkerverständigung und Frieden aus. Der Austausch zu den Themen Bildung, Kultur und Bildung sind ausdrücklich Punkte, die zwischen den Nationen und Völkern besteht. Aber nicht ohne Grund hat die EU Sanktionen gegenüber Russland erhoben. Russland hat völkerwidrig einem anderen Land einen erheblichen Teil des Landes weggenommen und somit die Krim besetzt. Ebenfalls unterstützt Russland Kriegsparteien der Ukraine. Auf diese schwerwiegenden Dinge sollte aus seiner Sicht eingegangen werden. Herr Ackermann bat daher um Klärung, ob der Landkreis nicht der eigenen deutschen Außenpolitik dadurch in den Rücken fällt und ob dieser Punkt in der Vereinbarung mit der Außenhandelskammer der Industrie- und Handelskammer bzw. mit dem Außenausschuss des Landtages abgestimmt ist.

 

Frau Tiedge erklärte zur Äußerung von Herrn Ackermann, dass im Vordergrund die kommunale Selbstverwaltung steht. Die kommunale Selbstverwaltung beinhaltet auch die Entscheidung eines Landkreises, mit wem dieser wirtschaftliche Beziehungen eingehen möchte. Über das Thema des Boykotts könnte lange debattiert werden. Es sollte rechtlich unbedenklich sein, dass ein Landkreis, unabhängig von den Boykottaussagen, Handelsbeziehungen aufnehmen darf.

 

Ralf-Peter Geisthardt (CDU und Vorsitzender des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landtages des Landes Sachsen-Anhalt) erklärte, dass es in der Diplomatie die einfache Regel des miteinander Redens gibt. Wenn es auf dem Wege des Gespräches gelingt, Fronten aufzubrechen, dann ist das ein Erfolg und trägt dazu bei, dass Entscheidungen, die er persönlich für zweifelhaft hält, abgebaut werden können. Zum Reden gehört auch das Anbieten und Entgegenkommen. Es handelt sich um Annäherungsversuche und eine Kontaktaufnahme. Daher sieht er keine Bedenken gegen die Kooperation auch auf wirtschaftlicher Ebene mit der Stadt Omsk. Es gibt deutliche Signale auf Bundesebene, dass diese Sanktionsbeschlüsse auslaufen werden.

 

Herr Walker erklärte, dass er den Kreisausschuss regelmäßig über den Stand informieren wird.

 

 


Beschluss:

 

Der Kreisausschuss beschloss die Kooperation des Landkreises Börde mit der Stadt Omsk (Russland) und der Gemeinde Barleben mit dem Ziel der Entwicklung der Zusammenarbeit in Verwaltung, kommunalen Gremien, Handel und Wirtschaft.

Der Landrat wurde beauftragt, die Verhandlungen mit den Kooperationspartnern bis zur endgültigen Fassung der Vereinbarung zu führen und abzuschließen.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

Zustimmung:dreizehn

Ablehnung:eine

Enthaltung:zwei

 

Die Vorlage wurde zum Beschluss Nr. 2017/LR/0453 erhoben.