Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Auszug - Anfragen und Anregungen  

 
 
14. ordentliche Sitzung des Kreistages des Landkreises Börde
TOP: Ö 9
Gremium: 6. WP Kreistag Landkreis Börde
Datum: Mi, 17.05.2017 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 18:00
Raum: - Sitzungsräume -
Ort: Landkreis Börde, Verwaltungsgebäude, Gerikestraße 104, 39340 Haldensleben

Silke Wolf (DIE LINKE) erkundigte sich, ob und in welcher Form der Landkreis Börde von den Kürzungen des Haushaltsführungs-Erlasses 2017 (Haushaltsführung ab dem Haushaltsjahr 2017 - Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt Nr. 13 vom 10.04.2017 RdErl. des MF vom 21. 3. 2017 – 21-04031/2017) betroffen ist.

Weiterhin bat sie um Auskunft, ob sich daraus Konsequenzen für angedachte Planungen nach 2017 ergeben oder absehbar sind.

 

Die Beantwortung der Anfrage erfolgt schriftlich.

 

Martin Schindler (SPD) erklärte, dass er einige Fragen zum Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz - KiFöG) und dem Umgang des Jugendamtes (Fachdienst Jugend) mit den Verpflegungskosten hat.

Der Umstand, Essensgeld in den Kindertageseinrichtungen zu zahlen, ist jedem bekannt. Das ist das Geld, was das Essen kostet. Das Essen wird heutzutage meistens von einem externen Essensanbieter gekocht und geliefert. § 13 KiFöG sagt lediglich aus, dass die Eltern die Verpflegungskosten tragen.

Seit einiger Zeit sind die Jugendämter der Landkreise für die Verhandlungen der konkreten Verträge mit den Kindergärten zuständig, weil das Land den Jugendämtern eine größere Fachkompetenz zuschreibt als den Gemeinden. Der Fachdienst Jugend des Landkreises Börde ist der Auffassung, dass die Regelung des § 13 KiFöG mehr beinhaltet.

Damit die Kinder ihr Essen auch essen können, sind Vor- und Nachbereitungen erforderlich. Fachleute bezeichnen dies als mittelbare Verpflegungskosten. Dazu zählen die Raumnutzung, Heiz- und Stromkosten, Geschirr, Möbel, ein Geschirrspüler und Personal, das die Tische deckt und das Geschirr abwäscht. Oft erfolgt dies zusammen mit den Kindern, denn die Einrichtungen haben einen Bildungs- und Erziehungsauftrag.

Diese Gegebenheiten sind zwar bereits vorhanden, doch der Fachdienst Jugend ist der Ansicht, dass der zeitliche Anteil für die konkrete Verpflegung davon berechnet werden kann. Bei den Sachanteilen wurde schon selbst erkannt, dass dies zu weit geht. Jedoch soll beim Personal der Zeitanteil berechnet werden. Dies betrifft speziell die Hauswirtschaftskräfte.

 

Als Beispiel nannte Herr Schindler den katholischen Kindergarten in Wanzleben. Hier wurden durch den Fachdienst Jugend 5 von den 30 Stunden der Hauswirtschaftskraft für den Verpflegungszweck herausgerechnet. Diese sollen nun durch die Eltern extra bezahlt werden. Das ergibt 12 EUR im Monat. Dafür muss eine ganz neue Bezahlstrecke von den Eltern an die Kirchgemeinde mit einem großen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufgebaut werden.

Sein Eindruck ist, dass durch den Fachdienst Jugend bevorzugt wird, diese 5 Stunden von den Hauswirtschaftskräften, die ohnehin Geringverdiener sind, abgezogen werden und diese Tätigkeiten an den Essensanbieter ausgelagert werden. Die Eltern bezahlen mit dem Essensgeld folglich diese Leistungen.

 

Herr Schindler erklärte, dass er keine Beantwortung auf der Sitzung erwartet und ihm die schriftliche Beantwortung genügt.

Er fragte, welche Begründung für die Einführung der Trennlinie bei den mittelbaren Kosten zwischen dem personellen und sachlichen Anteil besteht. Was ist der Unterschied zu denselben Tätigkeiten rund um das Frühstück und Vesper? Was passiert, wenn eine Erzieherin, also nicht die Hauswirtschaftskraft, einen Tisch abwischt oder den Geschirrspüler ausräumt? Muss diese Tätigkeit auch anteilig herausgerechnet und von den Eltern extra bezahlt werden?

Herr Schindler hinterfragte, ob diese „Rechnerei“ mit den mittelbaren Kosten gar keinen Einfluss auf die Kosten für das Land und den Landkreis haben und sie somit auf der Seite der Eltern, der Gemeinde und dem Träger verbleiben. Der Gemeinderat sollte festlegen, welche Kosten den Eltern aufzuerlegen sind und welche nicht.

 

Es wird signalisiert, dass der Fachdienst Jugend Personalnot hat. Er fragte vor diesem Hintergrund nach, warum neue aufwendige bürokratische Tatbestände erzeugt werden und hartnäckig bei ihrer Beibehaltung verblieben wird.

Hier wird konträr zur grundsätzlichen Forderung nach Vereinfachung von Verfahren und Vorschriften in Deutschland gehandelt.

Herrn Schindler und dem Fachdienst Jugend liegen Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt vom Januar 2015 und März 2017 vor. Diese besagen eindeutig, dass diese mittelbaren Kosten nicht extra herauszurechnen und von den Eltern zu tragen sind. Deshalb fragte Herr Schindler, welche rechtsverbindlichen oder empfehlenden Schreiben vom Land oder vom Ministerium dem Fachdienst vorliegen, die die andere Handlungsweise begründen oder stützen.

Er bat um Auskunft, wie viele von den 11 Landkreisen in Sachsen-Anhalt so wie der Landkreis Börde handeln.

 

Der Fachdienst Jugend begründet sein Handeln damit, dass er keine Benachteiligung von Eltern will, die bereits die mittelbaren Kosten extra bezahlen. Dafür werden jedoch nun viele Träger, Eltern und Gemeinden durch die neuen bürokratischen Regeln und Probleme belastet, die bisher nicht so gehandelt haben. Hierzu erkundigte sich Herr Schindler, wie viele und welche Einrichtungen tatsächlich vorher externe Mitarbeiter des Caterers diese mittelbaren Tätigkeiten verrichten ließen oder welche Einrichtungen bereits eine Servicepauschale extra zum Essensgeld erhoben haben. Wie ist das Verhältnis dieser Einrichtungen zur Gesamtzahl aller Einrichtungen im Landkreis?

 

Aus seiner Sicht ist dies unnötige Bürokratie und er bat den Landrat, dies möglichst bald zu beenden.

 

 

Iris Herzig (Fachbereichsleiterin 3) erklärte, dass diese von Herrn Schindler angesprochenen Verhandlungen seit 2015 durch den Landkreis mit den Trägern geführt werden. Hierbei handelt es sich um Verhandlungen über Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen (LEQ). Vorgaben sind dazu dem KiFöG und dem § 78 b bis e SGB VIII zu entnehmen. Es gibt jedoch keine konkreten Hinweise, was im Einzelnen in diesen Entgeltvereinbarungen aufgenommen werden soll.

Die Vereinbarungen setzen sich aus den differenzierten Entgelten für die Leistungsangebote und den betriebsnotwendigen Investitionen zusammen. Die Entgelte für die einzelnen Leistungsangebote der Kinderkrippen, Kindergärten und Horte müssen gesondert kalkuliert werden.

Die Kosten ergeben sich aus dem Aufwand, der für eine bestimmte Leistung erbracht wird. Eine Kindertagesstätte dient der Betreuung. Alle Kosten, die mit der Betreuung im Zusammenhang stehen, sind zu verhandeln und sind Gegenstand der Entgeltvereinbarungen zwischen dem Träger und dem Landkreis.

Frau Herzig informierte, dass es Einvernehmen mit der katholischen Pfarrei in Wanzleben zu den Entgeltvereinbarungen gibt.

 

Herr Schindler warf ein, dass dies nicht stimmen kann. Er ist Mitglied im Kirchenvorstand.

 

Frau Herzig erklärte, dass ein Ergebnis der bisher geführten Verhandlungen vorliegt und der Landkreis die Vereinbarung unterzeichnet hat.

Zu den Verpflegungskosten führte Frau Herzig aus, dass laut KiFöG die Eltern die Kosten für die Verpflegung zu tragen haben. Verpflegung ist nicht nur das Mittagsessen. Auch die Verpflegungskosten sind nach ihrem Aufwand zu kalkulieren, wie alle anderen Kosten der Betreuung ebenfalls. Dazu gehören Personalkosten, Materialkosten, Raumkosten, Dienstleistungskosten und kalkulatorische Kosten. Dies liegt nicht in Zuständigkeit des Landkreises und ist demnach auch nicht Gegenstand der Vereinbarungen. Dies ist Thema der Träger gegenüber den Eltern.

Da es kaum Vorgaben zu den Entgeltverhandlungen gibt und diese für alle neu waren, wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Gemeinden, der Träger der Einrichtungen und dem Landkreis gebildet, um diese Verhandlungen zu erleichtern. Dadurch soll gesichert werden, dass der Grundsatz des § 78 SGB VIII, der Angemessenheit der Leistungsgerechtigkeit und der Wirtschaftlichkeit, berücksichtigt wird. Daher gab es tatsächlich in der Vergangenheit Klärungsbedarf zu unmittelbaren und mittelbaren Kosten. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass einige Träger nicht in der Lage sind, diese Kalkulation und Trennung vorzunehmen. Beispielsweise war es nicht möglich, Anteile an einer Geschirrspülmaschine zu berechnen, da nicht jeder Geschirrspüler eine einzelne Abrechnungseinrichtung hat. Insofern sind diese Kosten geringfügig und der Landkreis fordert nicht, diese herauszurechnen.

Wenn jedoch grundsätzlich erkennbar ist, dass eine Küchenkraft ihre Stundenanteile für die Verpflegung einsetzt, dann müssen diese kalkuliert werden. Dies sind keine Kosten für die Betreuung.

 

Die Beantwortung der Anfragen erfolgt schriftlich.

 

Franz-Ulrich Keindorff (FDP) ging ebenfalls auf das von Herrn Schindler angesprochene Thema ein. Wie Frau Herzig berichtete, wurde aufgrund seiner Anregung vor über einem Jahr ein Vergleichsring gegründet. Der Vergleichsring hat am 03.06.2016 ein einziges Mal getagt. Diese Situation sollte geändert werden. Es treten Fragen, wie die von Herrn Schindler, auf, die so geklärt werden könnten. Auch wird ein einheitliches Handlungsschema benötigt, um auch Verträge mit den Kommunen und nicht nur mit den freien Trägern abschließen zu können.

Herr Keindorff bat darum, dass der Vergleichsring öfters tagt. Das KiFöG erzeugt viel Bürokratie, viele Kosten und hat wenig Nutzen. Bis eine Änderung des KiFöG erfolgt, sollte auf kommunaler Ebene zielführend zusammengearbeitet werden, empfahl Herr Keindorff.