Bürgerinfo LANDKREIS BÖRDE

Auszug - Information zur Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden im Landkreis Börde Berichterstatter: Fachdienstleiterin Migration, Frau Corinna Sladky  

 
 
ordentliche Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses
TOP: Ö 6
Gremium: Kultur- und Sozialausschuss
Datum: Mi, 18.11.2015 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 19:30
Raum: - Sitzungsraum I -
Ort: Landkreis Börde, Verwaltungsgebäude, Gerikestraße 104, 39340 Haldensleben

Frau Leuschner ruft den Tagesordnungspunkt Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis Börde auf. Dabei stellt sie fest, dass bisher alle Diskussionen zu diesem Thema stets problem- und zielorientiert geführt wurden. Es gab keine Diskussion, die in irgendeiner Form unterschwellig menschenfeindlich, verachtend oder diskriminierend geführt wurde. Für sie ist die Erkenntnis, dass stets eine tiefe demokratische Grundstimmung die Diskussion beherrschte, äußerst wichtig. Sie wünscht sich auch weiterhin bei den Diskussionen zu diesem Thema die gleiche offene Atmosphäre.

 

Frau Sladky beginnt ihre Ausführungen, wie bereits in den letzten Sitzungen, mit der derzeitigen Situation und den aktuellen Zahlen an Asylsuchenden im Landkreis.´

Bisher wurden 2184 Personen als Asylsuchende in unserem Landkreis aufgenommen und untergebracht. Größte Herausforderung stellen jedoch die Personen dar, die noch bis zum Jahresende erwartet werden.

 

Sie berichtet weiter, dass für den Monat November weitere 250 Personen erwartet werden und im Dezember nochmals mit weiteren 600 Personen zu rechnen ist.

Im Rahmen der einzelnen Transfers, die jeweils an Montagen erfolgen, sind zwischen 150 und 169 Personen aufzunehmen.

Sie übergab den Mitgliedern eine Übersicht über die bisherige zeitliche Aufnahmesituation 2015. Bisher wurden im Januar 77 Personen für den ganzen Monat aufgenommen. Es war schon eine Herausforderung, wenn dann auf einmal ein Transfer von 30 Personen kam.

Jetzt ist festzustellen, dass montags jeweils 130 Personen und mehr bei einem Transfer aufzunehmen sind, wobei diese Tendenz zukünftig nach oben offen ist.

 

Derzeitig ist der Landkreis trotz der bisherigen Aufnahmen immer noch mit 70 Personen für den Monat November im Rückstand, das heißt, dass am kommenden Montag mit großer Wahrscheinlichkeit um die 200 Personen in unserem Landkreis eintreffen werden.

 

Die größte Herausforderung, die sich im Moment darstellt, ist die Schaffung geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten. Bisher wurden in den Gemeinschaftsunterkünften durch Belegungsverdichtungen weitere Aufnahmemöglichkeiten geschaffen. Diese Möglichkeiten nähern sich mehr der Grenze des Machbaren. Dies machte die Einrichtung von Not- und Zwischenunterkünften erforderlich (Herrichtung zweier Schulen und Nutzung der Möglichkeiten auf Gut Glüsig). Des Weiteren wurden im ehemaligen Hotel Körling alle Möglichkeiten der Unterbringung  ausgeschöpft sowie alle 29 Bungalows des Heidecamps der Nutzung zugeführt.

 

Bisher wurden innerhalb des Landkreises über 160 Wohnungen angemietet und die Suche nach möglichen Großobjekten und dezentralen weiteren Wohnraum ist zwingend verstärkt geboten. Dazu wurde im Landkreis ein zusätzlicher Verwaltungsstab gebildet, der den Fachdienst Migration logistisch bei der Herrichtung und Suche von Großobjekten unterstützt.

 

Frau Herzig ergänzt, dass die Hauptaufgabe des Landkreises in der Aufnahme von Asylbewerbern liegt und diese Aufnahme bedeutet Unterbringung und Betreuung. Bisher konnte die Unterbringung mit allem Aufwand noch realisiert werden, bei der Betreuung müssen jedoch Defizite eingeräumt werden, zumal Erwartungshaltungen an den Landkreis gerichtet wurden, die nicht immer erfüllt werden können. Diese beziehen sich auch auf ehrenamtliche Helfer, die selbst zu diesem Thema andere Vorstellungen haben.

Ziel muss sein, diese Aktivitäten zu koordinieren und dazu macht sich der Aufbau geeigneter Strukturen erforderlich, die jedoch nicht von heute auf morgen umsetzbar sind.

 

Notwendig ist die Schaffung zusätzlicher Ressourcen, um das Ganze auch personell bewältigen zu können. Dazu werden gegenwärtig die Prozesse neu definiert, um die Aufgaben dahingehend zu ordnen, indem gesagt wird, wer wird sie erfüllen und wie.

Das Ganze auch unter der Tatsache, dass die eigentlichen Aufgaben der Mitarbeiter, sprich das Tagesgeschäft, laufen muss. Es kann eingeschätzt werden, dass die Mitarbeiter am Rande der Belastungsgrenze arbeiten.

 

Was die Stimmung im Landkreis anbelangt ist einzuschätzen, dass aus der Teilnahme an vielen Gemeinderatssitzungen, Ortschaftsratssitzungen und Einwohnerversammlungen festgestellt werden kann, dass teilweise erschreckende Diskussionen und Einstellungen zu verzeichnen sind.

 

Um die weitere Unterbringung realisieren zu können, sieht es derzeit so aus, dass darüber nachgedacht wird, auch Turnhallen zu nutzen, obwohl genau diese Tatsache vermieden werden sollte.

In der langfristigen Planung war vorgesehen, zum 01.12. zusätzlich 60 Plätze am Standort Wolmirstedt in der Schwimmbadstraße zu belegen, des Weiteren 100 zusätzliche Plätze am Standort Harbke und weitere 50 Plätze in Seehausen. Diese Möglichkeit kommt zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht zum Tragen und wäre letztendlich auch nur die Aufnahmekapazität von ca. anderthalb Wochentransfer.

 

Hinzuweisen ist noch auf die Notwendigkeit, dass Einwohnerversammlungen grundsätzlich durch den Hauptverwaltungsbeamten einberufen werden und dass der ordnungsgemäßen Vorbereitung dieser Veranstaltungen eine entscheidende Rolle zukommt.

 

Das derzeitige Hauptproblem liegt in der Unterbringung der 600 avisierten Asylbewerber im Monat Dezember. Man ist dabei, den Plan C, so hatte man ihn genannt, umzusetzen, um in der Kürze der Zeit tatsächlich eine Turnhalle bereitzustellen zu können. Das sich aus dieser Tatsache neue Probleme ergeben, die man bedenken muss, erklärt sich von selbst.

 

Frau Leuschner bemerkt, dass es bisher immer Absicht des Landkreises war, keine Turnhalle für die Unterbringung nachzuziehen.

 

Frau Herzig bestätigt dies und unterstreicht nochmals ihre Besorgnis über dieses vielleicht unausbleibliche Vorgehen.

 

Herr Czernitzki stellt die Frage, ob die Erhöhung der Personalstärke mit der dramatischen Erhöhung der Zuweisungen im Verhältnis steht.

 

Frau Herzig entgegnet daraufhin, dass derzeitig die Situation besteht, dass ein Mitarbeiter bis zu 500 Akten zu bearbeiten hat, was nicht mehr vertretbar ist.

Einzuschätzen ist, dass zukünftig weitere 3 bis 4 Leute bereitgestellt werden müssen.

 

Herr Czernitzki fragt weiter an, ob die bisherigen Zuwendungen vom Land ausreichend sind, um das vorgenannte Personal zusätzlich einsetzen zu können.

 

Frau Herzig erklärt daraufhin, dass für die mit dem Haushaltsbegleitgesetz für 2015 beschlossenen Pauschale von 8600 wieder die Grundlage bildet. Die Auszahlung dieser Mittel wird in jeweils 4 Quartalen an die Landkreise erfolgen.

Nach Berechnungen des Landkreises wären für das I. Quartal 6,9 Mio € notwendig, tatsächlich sollen aber nur 6,1 Mio € bereitgestellt werden.

 

Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die Mittel, die bisher bereitgestellt werden, nicht die tatsächlichen Gesamtkosten decken. Das betrifft in erster Linie Investitionskosten in Höhe von 143 T€ sowie einen Anteil der Personalkosten.

Gleichzeitig ist festzustellen, dass nach Aussage aller Landkreise, die vorgesehenen 8600 €, die zugrunde gelegt werden, nicht ausreichend zur Kostendeckung sind.

 

Herr Mewes stellt fest, dass in erster Linie die Frage der Unterbringung und dies als alltägliche Aufgabe vorrangig zu lösen ist. Ausgehend von dieser Tatsache regt er an, eine Übersicht über Leerstände an kommunalen Wohnungen in allen Gemeinden des Landkreises zu erstellen. Es sollte unter allen Umständen versucht werden, auf eine Belegung von Turnhallen zu verzichten, wenn nicht riskiert werden soll, dass sich eine negative Einstellung zu den Flüchtlingen in breiten Teilen unser Bürger breit macht. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass es seitens des Landes Finanzmittel zum Abriss von leerstehenden Wohnungen gibt und auf der anderen Seite wiederum viel Geld zur Schaffung dieser benötigten Unterbringungsmöglichkeiten (z. B. Container) aufgewandt werden muss.

 

Frau Herzig führt aus, dass die geforderte Liste in der Form, wie sie von den Kommunen zugearbeitet wird, zur Verfügung steht. Das heißt, dass man darauf angewiesen ist, was seitens von Wohnungsbaugesellschaften oder –genossenschaften gemeldet wird. Ebenso verhält es sich bei den Rückläufen der Bürgermeister, wobei uns zunehmend eine Verweigerungshaltung entgegenschlägt.

 

Frau Sladky bemerkt, dass derzeitig noch eine Anzahl von Wohnungsangeboten vorliegt, die aber zunächst auf Verwertbarkeit hin überprüft werden müssen.

 

Herr Geisthardt fragt an, ob der Datentransfer zwischen ZAST und Landkreis reibungslos funktioniert.

 

Frau Herzig bestätigt, dass zumindest die Datenblätter mit dem Zugang der Flüchtlinge überreicht werden

 

Frau Sladky ergänzt, dass auf diesen Blättern lediglich Name, Geburtsdatum sowie die Nationalität, in verschlüsselter Form, vermerkt sind. Ähnlich verhält es sich mit der Vergabe von Interviewterminen (Termin, der angeboten wird, um einen Asylantrag stellen zu können).

Die Zeiträume sind jedoch sehr langwierig. Die nächstmöglichen Interviewtermine werden für den 05.07.2016 benannt. Die Hälfte der Flüchtlinge ist noch nicht im Besitz eines Interviewtermins. Daraus folgt, dass der Asylantrag erst in ca. 9 Monaten gestellt werden kann, bis dahin passiert nichts.

 

Frau Leuschner unterstreicht nochmals das große Engagement der Mitarbeiter vor Ort und macht deutlich, dass für Außenstehende die Situation teilweise unvorstellbar ist.

 

Herr Dr. Pfeiffer fragt an, wieviel Patenschaften zur Aufnahme minderjähriger Kinder sich bisher ergeben haben.

 

Frau Herzig informiert, dass es 47 Anmeldungen gab für die Pflege dieser Kinder, die derzeitig noch geprüft werden. Sie geht jedoch davon aus, dass die Eignung der Bewerber bei max. einem Drittel gegeben ist.

 

Herr Mewes fragt nach dem Zahlenverhältnis der Flüchtlinge, die im Besitz eines Passes sind, zu denen, die keinen solchen vorweisen können.

 

Frau Herzig verneint diese Frage, da sie dazu keine Ausführungen machen kann.

 

Herr Mewes weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Flüchtlinge einer geordneten Beschäftigung zuzuführen.

 

Herr Czernitzki fragt an, ob es zu den unbegleiteten Minderjährigen konkrete Übersichten zum Geschlecht und zum Alter gibt und warum sind sie unbegleitet.

Er hat festgestellt, dass in den Unterlagen von einer Anzahl von 350 Flüchtlingen unter 18 Jahren die Rede war und wieviele davon unbegleitete Minderjährige sind.

 

Frau Sladky erklärt daraufhin, dass zu dieser Frage über den FD Jugend Auskunft erteilt werden kann, dem FD Migration liegen diese Angaben nicht vor.